ich kann ihre Argumentation nachvollziehen. Dennoch halte ich nach wie vor die Beauvoir für die schärfere, analytischere Denkerin. Und was de Beauvoir in den letzten Kapiteln von "das andere Geschlecht" über die Freiheit der Liebe schrieb, habe ich bei Schwarzer in der Form noch nirgends gelesen.
Was mich bei de Beauvoir ebenfalls beeindruckt, ist der Mut, mit dem sie ihre - auch nach heutigen Umständen - aussergewöhnliche Beziehung mit Sartre öffentlich machte, während Schwarzer ihr Privatleben total im Verborgenen hält - wo ist denn nun der Grundsatz "das Private ist politisch" der 68-er Generation?
Zusätzlich lässt mich die durchaus pornografische Qualität der PorNo-Kampagne in Emma schmunzeln, wo zu mehreren Gelegenheiten mit liebevollen Details Szenen aus pornografischen Medien beschrieben wurden. Hier ähnelt die Emma durchaus der katholischen Kirche, die beide eine sehr restriktive Sexualmoral haben und deren Schriften teilweise Meisterwerke an Voyeurismus sind, kombiniert mit passender moralischer Empörung.
wie gesagt, so genau kenne ich keine der beiden Damen nicht. Mich hat der aktuelle Bezug in ihrem - Schwarzers - Buch beeindruckt und ihre durchaus wenig emanzig vorgebrachten Antworten. Kleine Schlenker hier und da habe ich ihr - der alten Feministin - gegönnt.
Ich glaube gerne, dass sie zu ihrer Zeit - die Beauvoir - eine großartige Frau war und analytischer, mag durchaus sein. Nur um dazu jetzt besser und vor allem gehaltvoller Stellung nehmen zu können, müsste ich damit mehr vertraut sein. Mich würde interessieren, wie sie den weiblichen Körper sah und über "das andere Geschlecht" dachte. Ich guck mal rein in das Buch und mach mich mit den Kapiteln vertraut....danke für den Hinweis! Im Moment bin ich am Drunvalo dran und an anderen Dingen, da sind Sartre und de Beauvoir so' n Sprung!
Alice Schwarzers Privatleben, stimmt, das fiel mir auch schon auf, davon kennt man nix und das ist verdächtig .
Die Kampagne der Emma diesbezüglich kenne ich nicht, da haben Sie eindeutig wesentlich mehr Überblick und Infos. Aber hört sich zwiespältig an. Ich hab sie - Alice - mal in einem kleinen Streitgespräch mit Verona Feldbusch gesehen - und es war nicht zu glauben, die Feldbusch siegte mit ihrer trällernden, simplen einfachen Weibchen-Haltung, ich habe es nicht für möglich gehalten, Alice wirkte dagegen alt, dumpf, oberklug und - darin tat sie mir schon leid - chancenlos. Da fehlte was bei ihr: Gelassenheit. Ist es das, was de Beauvoir hatte?
Ich quatsch da mal rein, dass die Beauvoir ihr Privatlieben (!!) auch teilweise nur verschlüsselt in den Romanen geschildert hat, in den Tagebüchern war es teilweise dann erst nach ihrem Tod so ca. vielleicht echt 1:1 dargestellt. Also zu Lebzeiten hat sie sich auch nicht ganz frei dargestellt, und recht hat sie gehabt. Warum sollte sie alle daranteilnehmen lassen, die Spechtler. Sollen selbst zusehen, wie sie was erleben und empfinden. Außerdem war ja auch immer jemand 2. oder 3. davon betroffen. Wie kommt den der/die Andere dazu, nächstens in der Zeitung zu stehen?
selbstverständlich hat auch die Beauvoir nicht jedes Detail ihres Privatlebens zu Lebzeiten ausgebreitet. Wer würde das denn tun, ausser eine Person mit exhibitionistischen Neigungen? Dennoch, ihr Verhältnis zu Sartre war bekannt, und dass es eine sehr radikal neue Beziehungsform war, war auch kein Geheimnis.
fräulein hedibaer Wenn Sie das "andere Geschlecht" lesen, empfehle ich durchaus, zu springen - das Ganze zu lesen, das ist extrem viel, auch extrem viel Material, das de Beauvoir gesammelt und analysiert hat. Interessant ist sicher die Einleitung, dann der Ausblick am Schluss - ebenfalls scharfsinnig und in den Grundzügen durchaus heute noch gültig, de Beauvoirs Anmerkungen darüber, inwiefern Ehen der Prostitution ähneln, sofern sie nicht aus Freiheit und Liebe entstehen - sie hat da geschrieben, und das sehr gut, was heute in spirituellen Kreisen erst so richtig aktuell wird und diskutiert wird.
Schwarzer gegen Feldbusch habe ich leider nicht gesehen - allerdings ist wohl auch Frau Feldbusch sehr klug, sie weiss was sie will, und sie setzt ihre Waffen ein - eben auch jene, die über den Charme funktionieren. Und, warum eigentlich nicht? Frau Schwarzer scheint es tatsächlich an Gelassenheit zu fehlen, und auch an Humor, gerade wenn es um sexuelle Themen geht, da ist doch einiges verquer. Als in der Emma über eine Domina - also Sadomasochismus-Anbieterin - berichtet wurde, schaffte es die Emma, die Sache so darzustellen, dass auch das eine Unterdrückung der Frau sein, wenn sich ein Mann von der Frau fesseln und schlagen liesse. Wie kommt jemand auf solche Ideen, frag ich Sie?
ich grüsse Sie freundlich ihr fräulein rottenmeier
ja - sehr interessant - und wärmsten Dank für die Vorgehensweise bei der Lektüre "das andere Geschlecht". Das wäre ein ganz neuer Einstieg in alte Literatur. Ehe = Prostitution , diese prvokante Formel, so nenne ich das jetzt mal, habe ich schon gehört und sie hat mich damals bereits aufhorchen lassen. Und dass das Thema Sexualität in Spririkreisen sehr wichtig ist, zeigten mir schon diverse Abhandlungen bei "kristallmensch".
Was Alices Emma - Aktion anbelangt: Ich sehe es so, dass man aufpassen muss, nicht zum linken Moralapostel zu werden. Vielleicht geht da ihr Starrsinn mit ihr durch und sie bringt nicht genug Flexibilität auf , was diese Domina-Unterwerfungsbehauptung ja beweist, da strickt sie sich irgendwas zurecht. Sie sollte Spiri-Sachen lesen, dann würde noch Licht am Ende des Tunnels erscheinen.
Was meinen Fan-Anteil bei ihr angeht: sie hat einen guten Abriss der Frauenbewegung in ihrem rosa Buch gegeben und insofern konnte ich mich schnell informieren.
Außerdem hat mich ehrlich gesagt schockiert, dass mit Kinderpornographie mehr Geld umgesetzt wird als mit Waffen- schmuggel, ich nehme doch mal an, dass sie das sauber recherchiert hat.
Sie soll übrigens ein "Klingelzeichen"! mit Sartre verabredet haben, damit der mit seinen Geliebten besser klarkommt, wenn sie seine Wohnung betritt. So was finde ich entsetzlich. Deswegen habe ich so meine Probleme mit Theorie und Praxis bei einigen Leuten. Ich könnte mir so eine Verbindung überhaupt nicht vorstellen. Dennoch könnten ja einige Äußerungen in ihren Büchern auch heute noch lesenswert sein, bei mir sehe ich jedenfalls noch Wissens- und Umsetzungslücken.
Hi Hedibaer! Das mit dem Klingelzeichen ist bezeichnend und macht mich lachend.
übrigends ist frau Emma jetzt auch Professorin in Wien an der Kunstuniversität. Und darüber freue ich mich aber wirklich von herzen.
Aktuelles
Alice Schwarzer als Gastprofessorin an der Angewandten
Die Journalistin und Schriftstellerin Alice Schwarzer übernimmt im Sommersemester 2009 eine Gastprofessur an der Universität für angewandte Kunst Wien. Am 23., 30. April und 7. Mai 2009 wird Schwarzer im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit Vorträge zu den Themen "Pornografie & Kunst", "Religiöser Fundamentalismus & Menschenrechte" und "Frauen & Männer" halten.
Die Behauptung mit Kinderporno und Waffenschmuggel halte ich für sehr schwer nachzuprüfen. Da beide Bereiche sich in der Illegalität bewegen, dürften alle Zahlen mehr oder weniger spekulativ sein. Ich gestehe, ich habe Mühe, das zu glauben.
Allerdings anerkenne ich durchaus, dass Alice Schwarzer sehr viel für die Frauenbewegung getan hat, ohne sie wären wir Frauen heute nicht, wo wir wären. Doch auch die Bewunderung für ihr Engagement ändert nichts daran, dass ich ihre Haltung in vielem überrissen finde, mir scheint, das Augenmass sei etwas verloren gegangen.
Zu de Beauvoir und Sartre und dem Klingelzeichen - ich sinke bewundernd auf die Knie vor einer Liebe, die robust genug ist, um all das auszuhalten, was zwischen den beiden geschah. Da war mehr Neue Energie drin - vor allem bei ihr - als bei den meisten Sachen, die heutzutage genau unter diesem Titel verkauft und verbreitet werden.
Zitat von hedibaerEhe = Prostitution , diese prvokante Formel, so nenne ich das jetzt mal, habe ich schon gehört und sie hat mich damals bereits aufhorchen lassen.
Wer sich für dieses Thema interessiert und keine trockenen Wälzer lesen will, dem bzw. der empfehle ich wärmstens dieses Buch hier: [amazon]B0000BT9B5[/amazon]
Überhaupt empfehle ich eigentlich alle Bücher von Christiane Rochefort, ganz unabhängig vom Thema. Das meiste stammt glaub ich aus den 60er Jahren, und trotzdem ist es immer noch revolutionär ...
jaja, in Liebe, aber es ist einfach nicht mein Fall. So weit ginge es bei meinen Liebesvorstellungen nicht. Verstehe schon, wie sie das entschlüsseln und immerhin f ü r Simone! Für mich ist das die typische französische Anarchie, die mag ich überhaupt nicht. Da fahre ich alle Bärenkrallen aus bzw. bin "unfrei"? Übrigens sollen beide Liebschaften gehabt haben. Aber okay. Es ist eine spezielle Sorte Menschen, diese Intellektuellen, da werden andere Spiele gespielt. Ich kannte mal ein Pärchen, wo genau diese Situation bestand und ich fand es für die Frau nicht zuträglich.
ach, wie können Sie nur dem französischen Charme nicht erliegen... das halte ich für völlig unmöglich! Da ist die Liebe ja schon in die Sprache eingebaut, ganz besonders und speziell ihre sinnlichen Facetten. Mit Intellektuell hat das, so wie ich es sehe, recht wenig zu tun, ich würde eher meinen: die Franzosen und Französischen schaffen es sogar trotz Intellektualität, die Freuden der Sinne zu geniessen. Wohingegen ihre deutschprachigen Kollegen und Kolleginnen in dieser Disziplin doch deutlich mehr Mühe bekunden, sowohl die intellektuellen Männer wie auch die intellektuellen Frauen, die dann nur noch im Kopf leben und vergessen, dass sie unterhalb des Halses auch noch existieren.
Und auch wenn es die Wahl zwischen Pest und Cholera sein sollte - wenn ich wählen müsste zwischen französischer Revolution oder deutscher Diktatur, ich zögere keine Sekunde und nehme die französische Revolution. Am allerliebsten allerdings, wenn denn die Fee mit dem Zauberstab vorbei kommen sollte, eine Demokratie nach Schweizer Modell...
ich wünsche Ihnen viel Lesevergnügen ihr fräulein rottenmeier
Das Zitat der geschätzten Hedibäer, auf das sich auch ihr obiger Beitrag bezieht, hat auch mich jetzt wieder diese Schreibmaschine starten lassen.
Der ist mir jetzt mal gehörigen durch den Sinn gegangen.
Zwischen französischer und deutscher "Schreiber- und Denkerei" gibt es bekannterweise Unterschiede.
? Wann wird jemand zum Intellektuellen? ? Muß was gesucht werden, gibt es das Bewußtsein eines Mangels ? ? Dürfen Machtspiele gespielt werden, unter erwachsenen Menschen, die ihre Gefühle jederzeit kontrollieren können und irgendwann mal Kant gelesen haben ? ? ist doch schon seit ca. 200 Jahren jeder für sich Selbst verantwortlich (nicht erst seit dem letzten Shoud )
Antworten erwarte ich mir nicht auf diese Fragen.
Spiele spiele ich gerne mit, wenn ich glaube, dass da für mich ein lerngewinn dabei ist, darf auch schmerzhaft sein - ( wüßte viel aufzuzählen ).
Danke, das wollte ich noch sagen. inge
inge
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
zum oder zur Intellektuellen werden wohl jene Personen mit Neigung, Begabung und Schulung zur Intellektualität.
Suchende sind grundsätzlich alle Menschen, und glücklich jene, die den Modus gefunden haben, der ihrem Charakter und Temperament gut entspricht - dasselbe gilt für den Umgang mit Macht, alle Menschen müssen sich regelmässig mit der Frage nach Macht, dem Ausüben und Erleiden von Macht, auseinander setzen, ausser sie leben ganz allein auf der berühmten einsamen Insel. Ich sehe allerdings erst mal keinen Zusammenhang zur Intellektualität. Oder sind Sie der Auffassung, dass Intellektuelle anders mit ihrer Suche und ihrer Macht umgehen, als andere Menschen das tun - mal abgesehen davon, dass Intellektuelle es auf intellektuelle Weise tun, während die Emotionalen es auf emotionale Weise tun, die körperlichen auf körperliche Weise... doch in all diesen verschiedenen Kanälen kann es gut und schlecht getan werden.
ich grüsse Sie freundlich ihr fräulein rottenmeier