Das Leben ist weder einfach noch verzwickt, weder klar noch dunkel, weder widerspruchsvoll noch zusammenhängend. Das Leben ist. Die Sprache allein ordnet oder verwirrt es, erhellt oder verdunkelt es, zerstreut oder vereinigt es.
Ideen sind Katalysatoren, die treibende Kraft, die uns voranbringt. Sie werfen Fragen auf, die uns umtreiben und dazu bewegen, neue Wege einzuschlagen, sie eröffnen uns neue Perspektiven, zwingen uns zu eigenen Überlegungen, weisen uns in neue Richtungen.
Wenn wir uns unserer Fortschritte rühmen, haben wir keine Fortschritte erzielt. Wenn wir uns sehr sicher und vertraut fühlen mit unserer Spiritualität, dann haben wir in Wirklichkeit überhaupt keine. Der Aufstiegsprozeß wird weiterhin Zweifel, Unsicherheit, einen beträchtlichen Mangel an Vertrauen und, wie immer, große Verwirrung hervorrufen. Das ist genau so wie es sein soll. Wenn wir nicht in hohem Maße offen und verletzbar sind, können wir nicht wachsen und uns ausdehnen. Ein häufiger Zustand, der besagt: „Ich weiß nicht alles, oder so gut wie gar nichts“ ist ein Kennzeichen einer sich entwickelnden Seele.
Solange wir die Wahrheit nicht entdecken, gibt es keinen Ausweg aus unseren Problemen und unserem Leiden. Die Lösung ist die direkte Erfahrung der Wahrheit in der Stille des Geistes, in der Ruhe vollkommener Aufmerksamkeit, in der Offenheit äußerster Empfindsamkeit.
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Wenn der Verstand leicht verwundbar ist, wenn er alle Unterstützung, alle Erklärungen verloren hat, wenn er nackt ist, dann wird er die Glückseligkeit der Wahrheit erfahren.
Techniken nutzen nichts um den höchsten Zustand zu erreichen. Solche Mittel vermehren nur die Konzepte. Dennoch werden Sie sich solange weiter an Konzepten ergötzen, bis Sie sich selbst verstehen.
„Die Identifizierung ist ein merkwürdiger Zustand, in dem der Mensch mehr als die Hälfte seines Lebens verbringt. Er ´identifiziert´ sich mit allem: mit dem, was er sagt, mit dem, was er weiß, mit dem, was er glaubt, mit seinen Begierden, mit dem, was ihm nicht erwünscht ist, was ihn anzieht und was ihn abstößt. Alles saugt ihn auf, und er ist nicht fähig, sich von der Idee, von dem Gefühl oder dem Gegenstand zu trennen, der ihn verschlingt. dies besagt, dass der Mensch im Zustand der Identifizierung unfähig ist, den Gegenstand seiner Identifizierung unparteiisch zu betrachten.“
Quelle: Die Psychologie der möglichen Evolution des Menschen, Seite 53
Ich sitze am Straßenrand. Der Fahrer wechselt das Rad. Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. Warum sehe ich den Radwechsel mit Ungeduld?
„Wenn das Suchen aufhört, nachdem Freiheit gesehen wurde –das hat was Wunderbares.
Für diese Person (deutet auf sich selbst]) hier war also im Aufwachen alles plötzlich zu Ende, es war niemand mehr da. Persönlichliches Leid, persönlicher Schmerz, all das war plötzlich nicht mehr möglich. Als die Person zurückkam, war ihre Reaktion: „Boah! Donnerwetter!“ Die Person kam zurück und damit auch die Realität dieser Person. Deshalb war die anschließende Phase, die ungefähr ein Jahr dauerte, ziemlich schwierig. Es gab nach wie vor neurotische Gefühle aller Art. Es gab Langeweile, Gereiztheit, durchaus auch hier und da Gefühle von Verzweiflung. Immer noch wurde gesucht, immer noch bestanden erhebliche Trennungsgefühle; in gewisser Weise war ich schlimmer dran als zuvor. Das Trennungsgefühl bestand nach wie vor, aber jetzt war klar geworden, dass alles Suchen überhaupt keinen Bezug dazu hat. Ich hatte drei Jahrzehnte Suche hinter mir, spirituelle Suche, psychologische Suche, und im Laufe der Zeit ein beträchtliches Arsenal an durchaus wirksamen Techniken um mich aufgebaut, mit denen ich unbehaglichen Gefühlen und Gedanken begegnen konnte. Die funktionierten immer eine Zeitlang ganz gut, aber eben nur eine Zeitlang. Wirklich heilen konnten sie das Gefühl der Trennung nicht. Aber sie machten die Zelle komfortabler, keine Frage.
Diese Techniken fielen jetzt in gewisser Weise weg. Das raubte der Verzweiflung alle Hoffnung. Deswegen wird häufig gesagt, dass die Zeit zwischen dem Aufwachen und der Befreiung wie eine Wüste sein kann – eine Zeit der Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit. Es wird gesehen, dass nichts wirklich Hilfe bietet und keinerlei Hoffnung besteht, weil niemand da ist, der etwas an seiner Lage ändern könnte. Die Lage selbst existiert aber noch. Deshalb kann das eine ziemlich unangenehme Phase sein. (Das klingt schon immer weniger verlockend (Zuhörer)!
(lacht) Um es in ein paar simplen Sätzen auszudrücken. Für diese scheinbare Gestalt (Richard) ging das Suchen im Großen und Ganzen weiter, als nach dem Aufwachen die Person zurückkehrte. Das Suchen war sehr, sehr stark. Und dann in der Befreiung hörte es schlichtweg auf. Kein Suchen mehr. Ich könnte sagen, Freiheit sei einfach das Ende des Suchens, aber das tue ich nicht gern, weil Definitionen eben Grenzen ziehen. Wenn Freiheit gesehen wird, ist nichts mehr nötig, wonach also könnte man suchen? Es wird gesehen, dass keine Trennung besteht, und da kann die Suche nur noch aufhören.
(Das ist nur vage verständlich, Zuhörer)
Ja, sorry, das ist alles vage und schwer fassbar.
(Wer das liest, wird sich damit schwer tun. Es ist nicht das, was man erwartet, und dann ist es auch noch so paradox. Kannst du näher darauf eingehen, was du mit: „Es gibt keine Person“ meinst? Zuhörer)
Ja. In der Freiheit wird gesehen, dass es keine Person gibt und dass alles – Gefühle, Gedanken, Sinnesreize aller Art – einfach erscheint. Das meine ich, wenn ich „Dies“ oder „das“ sage. „Dies“ wird gesehen: Was auch immer sich gerade einstellt, wird gesehen. In der Befreiung zeigt sich, dass diese Dinge einfach in der Bewusstheit erscheinen, nicht durch eine Person vermittelt.
(Du und ich, wir führen doch ein Gespräch. Ich bin hier, du bist hier – wie kann man das bestreiten? Mancher Leser wird sich auf den Arm genommen fühlen, Zuhörer)!
(Lacht) Tja, das kann erst gesehen werden, wenn es gesehen wird. Hier (deutet auf sich) ist Bewusstheit, und in dieser Bewusstheit erscheint alles. Unter anderem erscheint hier vielleicht das Gefühl, eine Gestalt zu sein Und da(er deutet auf den Zuhörer),ich weiß nicht, vielleicht ist da ein Gefühl, eine Person zu sein. Viele werden solche Aussagen als Provokation hören. Andere werden sie rätselhaft und doch irgendwie faszinierend empfinden. Und viele werden einfach die Achseln zucken und so schnell wie möglich wieder zu interessanteren Dingen übergehen. Aber egal, wie man reagiert – entrüstet, aufgeschreckt, gähnend oder fasziniert -, das geht so lange weiter, bis es aufhört. Aufhören kann zweierlei bedeuten. Es geht weiter, bis – zwischen drei Sekunden und drei Minuten später – irgendetwas anderes auftaucht, z.B. Tee kochen.
Aber es kann auch sein, dass die Person immer wieder auf ihre Reaktion zurückkommt, dass du dich immer wieder durch diese Äußerungen provoziert fühlst, bis das aufhört. Und es wird vollkommen aufhören, wenn die Person verschwindet; dann ist „DIES“ unbestreitbar klar. ..............
Ob jemand dreißig Jahre meditiert oder dreißig Jahre Alkoholiker war, ist völlig unerheblich, einfach weil Befreiung rein gar nichts mit der Person zu tun hat, also auch nicht mit spirituellen Erfahrungen oder Meditation. (Das klingt, was spirituelle Dinge angeht, revolutionär)!
Ist es aber nicht. Diese Botschaft, diese Kommunikation, wie man auch sagen könnte, hat es immer gegeben. Man hört nur nicht so viel von ihr, weil sie so viel weniger faszinierend ist als Geschichten von spiritueller Entwicklung. Die Auffassung, dass ich irgendwie eine Person bin, der etwas fehlt, die aber zum Ausgleich dieses Mangels etwas tun kann – mit überkreuzten Beinen in einer Höhle sitzen oder rezitieren und dazu Räucherstäbchen abbrennen – ist so viel ansprechender. Es klingt einfach nach nichts, dass es keine Person gibt, wenn man tantrischen Sex dagegen hält. Lieber trepaniert man sich noch selbst mit der Bohrmaschine, um Engel und Götter zu sehen oder selbst zu sein.
Ich weiß nicht, wie lange ich jetzt schon über spirituelle Dinge rede, jedenfalls könnte ich noch hundertmal mehr davon erzählen – es reizt mich nur überhaupt nicht mehr. Leider ist hier (deutet auf sich) einfach keiner mehr, der Lust hätte, über Spiritualität zu sprechen." ....
(Richard Sylvester - aus "Erleuchtet - und was jetzt ?")
Es gibt keinen Irrtum. Alle Ereignisse, die wir herbeiführen, sind notwendig - so unangenehm sie auch sein mögen. Wir brauchen sie, um zu lernen, was wir lernen müssen. Keiner unserer Schritte ist überflüssig; jeder bringt uns den Zielen näher, die wir uns ausgesucht haben.