Hallo Mela, ich wollte dich ja nur ein bißchen ärgern, hihi….
aber wie die ganze Nummer hier eigentlich läuft, das erschließt sich mir auch erst so nach und nach, und meistens über die Erkenntnis, wie es offensichtlich nicht läuft. Vielleicht reite ich deshalb darauf so herum.
Anfang der siebziger Jahre gab es die „Gespräche mit Seth“, wo uns mitgeteilt wurde, daß wir die Schöpfer unserer eigenen Realität sind. Das ist seitdem unzählige Male wiederholt und variiert worden. Meistens wird aber der Fehler gemacht (und dem bin ich auch sehr lange und hartnäckig verfallen) das so zu interpretieren, als ob wir uns unsere Zukunft selbst erschaffen.
Als sich dann aber immer deutlicher herausstellte, daß das so nicht stimmen kann, habe ich mich gefragt, wo der Fehler liegt. Wieso funktioniert das nicht, mit dem „Erschaffen“? Inzwischen bin ich der Meinung, daß sich die Aussage „wir erschaffen unsere eigene Realität“ nur auf die Gegenwart bezieht. Und da sehe ich eindeutig, daß der Fokus auf Zukünftiges häufig einhergeht mit einem Gefühl von gegenwärtigem Mangel, von Bedürftigkeit, von Langeweile, von Ungeduld…und das ist die Realität, in der wir leben, die wir uns erschaffen, wenn man so will. Das ist wie ein negatives feedback, das sich ständig selbst reproduziert.
Schau doch mal, was würde passieren, wenn ich nichts mehr erwarte? Genau, dann passiert nur noch Unerwartetes, den ganzen Tag lang. Und das meine ich nicht so als Gedankenspielerei, das erlebe ich tatsächlich so, daß ein Wolkenbruch, ein Sonnenstrahl, ein Windstoß in den Zweigen, der Gesang einer Amsel mich völlig überraschen und faszinieren kann – das ist mitunter so intensiv, daß ich schon gucken muß, daß es nicht zuviel auf einmal wird. Ich kann dann da stundenlang sitzen und staunen – Fernsehen, Kino oder Internet sind luschi dagegen.
Das ist, als würde man einen Schalter umlegen – aber ich muß auch eingestehen, daß mir das nicht in den Schoß gefallen ist. Dieses Aufgeben von Erwartungen, da steckt auch ein jahre- oder jahrzehntelanger Prozeß von Desillusionierung dahinter. Das ist keine leichte Kost, aber da uns das sowieso früher oder später ins Haus steht, kann ich das ja auch forcieren, wenn ich will.
Wenn gar nichts Unerwartetes passiert, dann liegt es meistens an dem Verstand, der die Dinge, die passieren, sofort filtert und die ganze Umgebung abscannt in dem Versuch, nur Bekanntes und Erwartetes wahrzunehmen. Dann wird das Leben ziemlich schnell langweilig, und der Verstand fängt dann an, sich Dinge auszudenken „was wäre wenn…“, damit es ein bißchen interessanter und lebendiger wirkt. Das ist aber im Grunde völlig unproduktiv.
Und seien wir doch mal ehrlich: Wer von uns ist denn wirklich offen für das Unerwartete? Denn das Unerwartete ist ja nicht immer lieb und nett und gefällig, es kann auch sehr unangenehm und schmerzhaft sein. Wenn ich offen bin, habe ich darüber keine Kontrolle mehr, was an mich herantritt und was mich bewegt – und wohin es mich bewegt.
Was ich damit sagen will: Das Leben ist eigentlich jeden Tag voller Überraschungen. Wir erschaffen aber unsere eigene Realität dadurch, wie sehr wir uns tatsächlich davon berühren lassen und darauf einlassen. Der Gedanke „jetzt dürfte ruhig mal was Unerwartetes passieren“ ist eigentlich ziemlich absurd, denn das passiert bereits ständig – es entspricht nur meistens nicht unseren Erwartungen und wird daher nicht oder nur oberflächlich wahrgenommen. Da ist dann doch wieder der Filter am Werk „oh, das hatte ich mir aber eigentlich anders vorgestellt…“
Ich meine, es ist besser, gar nichts zu erwarten – auch nicht das Unerwartete.
ich erwarte durchaus das Unerwartete - nicht aus einem krampfhaften Zwang heraus, sondern einfach aus der Erfahrung, dass sich immer wieder unerwartet Dinge ergeben. Gerade wenn ich aus menschlicher/Ego-Sicht heraus ein bestimmtes Ziel habe, aber nicht weiss, wie ich es erreichen könnte, mache ich mir keinen Kopf darum - irgend etwas wird sich schon ergeben. Und da ich oft genug die Erfahrung gemacht hatte, dass sich Dinge ergeben, die völlig ausserhalb meiner Vorstellungskraft liegen, versuche ich mir schon gar nicht vorzustellen, was sich ergeben wird, sondern wenn es kommt, kommt es halt. und in der Zwischenzeit tue ich, was ich selbst dazu beitragen kann.
inzwischen habe ich auch gelernt zu unterscheiden, was vom Ego kommt und im Grunde eine Zwängerei ist, und was ein Seelenbedürfnis ist - es fühlt sich anders an.
Das Prinzip ist ja "werdet wie die Kinder", die mit staunenden Augen durch die Welt laufen, für die alles neu und unerwartet und deshalb immer spannend ist.
Die keine Gedanken an die Zukunft verschwenden (müssen), da sie sich sicher und geborgen fühlen.
Da geb ich Dir völlig Recht, Jochen, das ist ne feine Sache.
Als Erwachsener wiederum plant man (manchmal muss man das ja auch) und hat Ziele und Wünsche. Außerdem fühlt man sich nicht immer sicher und geborgen, da man selbst die Verantwortung trägt.
Ich muss ehrlich zugeben, dass mich beim alltäglichen Einheitsbrei des öfteren einfach die Langeweile einholt und ich denke beim Flöten einer Amsel nicht überrascht "oooh, ne Amsel", sondern "boah, schon wieder ne Amsel".
Grundsätzlich bin ich dem Zustand, den Du meinst Jochen, oft dicht auf den Fersen, aber noch ist da zu viel Kampf in mir. Da gibt es Anteile, die noch ganz schön auf Krawall gebürstet sind, die mit dem Leben an sich nicht einverstanden sind und Gott, so er sich denn zeigt (jaja, bin ich selbst schon klar) am liebsten gehörig auf die Fresse kloppen würde, für den Bullshit, der hier abgeht.
Ich habs ja in einem anderen Thread schon gesagt: Für die jochengleiche Gelassenheit fehlen mir einfach noch ein paar Järchen - so lange lass ich mich dann einfach von Dir ärgern!!!
weiß zwar nicht, ob unbedingt passend, hatte aber den impuls, "das nochmals" - nochmals, weil der text schon mal reingestellt wurde - hier zu bringen.
................... Andere Formulierungen im Zen deuten in die gleiche Richtung: Die Erleuchtung ist erst dann möglich, wenn man alle seine Möglichkeiten und Kräfte erschöpft hat. Parsons (2004) formuliert es umgangssprachlicher: Das Ich klatscht immer wieder und so lange gegen die Wand, bis es schließlich aufgibt. Die Folgerung, nun die spirituelle Suche aufzugeben, da sie sowieso nichts bringt, wäre aber falsch, da gerade die existentielle Erfahrung der Vergeblichkeit allen Suchens den Weg frei machen kann, alles loszulassen. Um es nochmal in andere Worte zu fassen: Die Erleuchtung ist nicht triumphale Krönung einer mühe- und gefahrvollen spirituellen Entdeckungsreise, nicht gerechter Lohn für striktes Wohlverhalten und moralische Tadellosigkeit, nicht Frucht zahlreicher guter Taten in tausenden von Vorleben. Erleuchtung ist nicht etwas, was uns nach „ganz oben“ entrückt, etwas, was uns zum Übermenschen machen wird.
Erleuchtung trifft uns im Scheitern, im großen Zweifel, „im ganz unten“. Erleuchtung ist keine Errungenschaft einer Person, sondern der Wegfall eben dieser Person als Organisationszentrum unseres Selbstverständnisses. Das „Ich“, das auszog, sich in Kampf, Überwindung und Eroberung der Welt zu erproben und zu beweisen, erlebt seine unverrückbare und endgültige Niederlage. Die egozentrische Frontstellung des Ichs gegen die Welt bricht zusammen, erst die totale Kapitulation schenkt wahres Leben. Vielleicht könnte man Erleuchtung auch als die große Entspannung kennzeichnen. Eine psychologische Annäherung ließe sich wiederum durch die willentliche Umlenkung der Aufmerksamkeit bewerkstelligen. Normalerweise ist unsere Aufmerksamkeit immer auf ein Ziel gerichtet, sagittal (Sagitta= der Pfeil). Der Aufmerksamkeitspfeil läuft uns voraus, wird von unseren Augen gelenkt und ist durch Absichten motiviert. Wenn wir willentlich von einer sagittalen auf eine horizontale Aufmerksamkeitslenkung (vgl. oben „mit den Ohren sehen“) umschalten, erleben wir uns viel eher als einen Ort in einem umfassenderen Gewahrsein, nicht als einen Pfeil auf der Suche nach einem lohnenden Ziel.
Die Nutzlosigkeit der Erleuchtung. Was bringt uns denn nun die so lang ersehnte Erleuchtung. Vielleicht zuerst eine große Enttäuschung. Da Erleuchtung nicht von dieser Welt ist, ist sie also in dieser Welt erst einmal nutzlos. Von Shunryu Suzuki stammt die schöne Frage: „Warum strebst Du so nach der Erleuchtung? Vielleicht magst Du sie gar nicht.“. Da das Ich-Erleben, zumindest das ich-zentrierte Erleben wegfällt, gibt es zwar Erleuchtung, aber keinen, der sie erreicht. Der „wahre Mensch ohne jeden Rang“ (Lin-chi, Rinzai) ist eben keine Frau oder kein Mann von Welt, die oder der sich trefflich von anderen unterscheidet, positiv heraushebt und soziale Wettbewerbe zu ihrem oder seinem Vorteil entscheiden kann.
Einen Nutzen hat die Erleuchtung aber doch, sofern man vor der Erleuchtung ein zwanghaft Suchender gewesen ist, viele Seminare besucht, Gurus verehrt, Bücher gelesen und Erleuchtungsübungen ausgeführt hat. Wahre Erleuchtung befreit von dieser Suche. Das Verlangen ist gestillt, man hat gefunden. Aber das Gefundene besteht weder in übernatürlichen Kräften, andauernden Glücksgefühlen oder Immunität gegenüber möglichen Schicksalsschlägen. Man entdeckt ironischer Weise am Ende der Reise den Alltag, aus dem einst die Suche doch herausführen sollte, als Ort der Erfüllung aller Wünsche. Die gewöhnliche Welt erweist sich als der gesuchte Himmel, alle fühlendenWesen sind Buddhas und das Reine Land des Amitabha liegt vor der Haustür. Wer könnte es da dem Menschen, der nie ein spirituelles Bedürfnis verspürt hat, verübeln, wenn dieser einen fragt: „Wenn das alles ist – warum dann der ganze Aufwand?“. Darauf können wir nur antworten: „Ja das ist alles“ und den Marktplatz mit offenen Armen betreten. Die Nutzlosigkeit der Erleuchtung bedeutet allerdings auch, dass sich aus einer Erleuchtungserfahrung nicht automatisch ethisch einwandfreies Handeln ergibt, oder dass Erleuchtete automatisch hohe moralische Standards hätten. Nicht nur die zahlreichen Skandale und Skandälchen um Gurus und spirituelle Führer (Wilber, Ecker & Anthony, 1998) machen allzu Menschliches deutlich und zeigen an, dass Gier, Eitelkeit, Neid, Hass und Verblendung keinesfalls automatisch mit dem Gewinn spiritueller Erkenntnisse wegfallen. Auch der historische Missbrauch des Zen für den Militarismus (Victoria, 1999) sollte vorsichtig machen. Will man aus Erleuchtungserfahrungen ethische Regeln ableiten, erfordertdies einen zusätzlichen dualistischen Schritt und die Duldung eines grundsätzlichen logischen Widerspruchs: Ethik setzt klare Unterscheidungen, z.B. zwischen richtig und falsch, angemessen und unangemessen, gut und böse voraus. Erleuchtung will in eine übergegen-sätzliche Dimension vorstoßen, in der es keine Unterschei-dungen gibt, eben auch nicht die zwischen gut und böse. Daher bietet sich für die Begründung ethischen Handelns am besten die goldene Regel (Was Du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu) an. Auch der Glaube an oder die Erfahrung von „Erleuchtung“ entbindet uns nicht vom kritischen Gebrauch unseres Denkvermögens, nicht nur, wenn es um die Beurteilung ethischer oder moralischer Probleme geht. Dies ist ein Rat, den auch der Buddha in den Sutren des Pali-Kanons immer wieder gibt. Auch moderne Autoren wie Horn (1997, S. 205) stellen als Ergebnis durchlebter Erleuchtungserfahrungen fest: „Statt auf die endgültige Erlösung vom Übel durch den Tod des Ego zu hoffen, spricht vieles dafür, Verantwortung zu übernehmen für die „guten“ und „bösen“ Energien in uns selbst. Wer kann das tun? Ein egoloses, kosmisches Selbst? Ein Heiliger? Ein körperloses Lichtwesen im All? Zu weit sind sie entfernt vom Montagmorgen im Büro, von den Bergen schmutziger Wäsche zu Hause und den Mahnbescheiden vom Finanzamt, um das irdische Alltagsleben zu balancieren“.
Ein Auszug aus "Neun Annäherungen an die Erleuchtung. Ein westlicher Zugangsversuch zum Zen" Von Gerhard Zarbock
soweit ich mich erinnere, hat philosophysical diesen text damals eingestellt. ich hab mir das kopiert, weil ich es sehr gut fand und es vieles auf den punkt bringt. ich hab heute auch nicht alles hier eingestellt.
Hi Ishmana, netter Text. Bringt es ziemlich genau auf den Punkt. Nur, was genau?
Für mich ist "Erleuchtung" inzwischen genauso ein Unwort wie z.B. "neue Energie" oder "freier Wille". So viele Leute schmeißen mit diesen Ausdrücken um sich, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was es jeweils bedeutet.
Will ich Erleuchtung? Ich habe keine Ahnung. (Naja, "ich" ja sowieso nicht, da das mit Erreichen dieses Zustandes angeblich pulverisiert wird.) Wenn ich das Wort höre, schauderts mich eher, so besetzt ist es von 1000 menschlichen Deutungen. Und wie viele Bücher gibt es inzwischen zu diesem Thema, die all das be- und umschreiben! So viele Worthülsen für etwas, das doch eigentlich nicht in Worte zu fassen ist! Da lese ich so einen Text und nicke weise und denke im Nachhinein - äääh, hä???
Mir erscheinen alle diese Wege doch sehr kompliziert. Wenn ich könnte, würde ich einen sehr praktischen und sehr kurzen Ratgeber mit dem Titel "Der kürzeste Weg zur Wahrheit" herausgeben. (Achja, die Ungestümheit der Jugend, höre ich jetzt Jochen wieder seufzen ...)
Die Zeit des Redens und Diskutierens und Umschreibens ist vorbei. Muss vorbei sein! Noch ein spiritueller Ratgeber und ich kotze übern Zaun. Und ich will hier keinem persönlich ans Bein pinkeln, darum gehts mir überhaupt nicht.
Cosmea hat mit ihrem Erfahrungsbericht wirklich einen Ausblick auf eine andere Dimension erschaffen und um den Kreis zu schließen: Ich bin echt gespannt, wie die ganze Menschheitsgeschichte ausgeht, wie wir und alle anderen auf diesem Planeten die Kurve kriegen - oder auch nicht.
hallo mela, kann ich gut verstehen! für mich kommt in diesem text eben eher die unmöglichkeit und vergeblichkeit dieser suche zum ausdruck, eben das fehlende konzept. .....den marktplatz mit offenen armen betreten............. zu "vorher" eben ein qualitätsunterschied bzw ein bewusstseinsunterschied. .....oder umarmen wir die welt und sinken wir in die arme unserer oft so vermissten eltern, um die unterbrochene hinwendung heilen zu lassen.......
neue dimensionen erschliessen sich dann ganz von selbst, ganz natürlich vielleicht?
Zitat von ishmana „Statt auf die endgültige Erlösung vom Übel durch den Tod des Ego zu hoffen, spricht vieles dafür, Verantwortung zu übernehmen für die „guten“ und „bösen“ Energien in uns selbst. Wer kann das tun? Ein egoloses, kosmisches Selbst? Ein Heiliger? Ein körperloses Lichtwesen im All? Zu weit sind sie entfernt vom Montagmorgen im Büro, von den Bergen schmutziger Wäsche zu Hause und den Mahnbescheiden vom Finanzamt, um das irdische Alltagsleben zu balancieren“.
guten Tag
es ist doch schon viel - und meist genug - einfach ein anständiger Mensch zu sein. über sich selbst und die eigenen Dummheiten lachen zu können. Sich selbst nicht allzu ernst nehmen.
Wenn Anleitungen und "Wege zur Erleuchtung" kompliziert sind, dann nicht, weil Erleuchtung kompliziert ist - sondern weil menschliche Egos kompliziert sind und von Einfachheit verwirrt werden, ihr nicht glauben und ihr nicht vertrauen.
Gute Lehrer und Lehrerinnen sind für mich hilfreich. Nicht, um sie zu verehren, sondern weil sie es schaffen, immer wieder, individuell und im konkreten Moment, Impulse und Ideen zu geben, die den nächsten Schritt ermöglichen und leichter machen oder eine gerade anstehende Erkenntnis "hebammen". Tatsächlich sind das oft verehrungswürdige Persönlichkeiten - weil ihre Seele strahlt, und Seelen sind immer verehrungswürdig. Das ist dann aber was Anderes als eine Verehrung, die von Ego zu Ego geht.
Sie sehen, ich werd auch schon wieder kompliziert... und dabei ist es doch ganz einfach: ich bin die ich bin.
heute hatte ich mein persönliches "Tor in die neue Dimension":
Ich fahre einen 20 Jahre alten Fiesta, der inzwischen ziemlich rostet, ansonsten aber noch ein ganz tolles Auto ist (ich seh das jedenfalls so ) Als ich heute bei meinem Freund in Köln losfahren wollte, bemerkte dieser, dass vorne links wohl zu wenig Luft im Reifen sei, außerdem schlich er ums Auto rum und mäkelte an diesem und jenem. Sein Fazit: Du brauchst ein neues Auto, ein gebrauchtes würde ja auch schon reichen. Aber die Karre hier fällt doch fast auseinander. Bis Oktober noch TÜV? Na, da würde ich beim Universum mal was anfordern, war sein Tipp.
Es sind ca 60km von Köln zu meinem Wohnort in der Eifel. So fuhr ich nun gedankenschwer über die Autobahn, musterte rechts und links die potentiellen Nachfolger. Überlegte dies und jenes und dachte irgendwann: Eigentlich bräuchte ich ja einfach einen neutralen Gutachter, der mir sagt, ob ich das Auto noch ein paar Järchen fahren kann oder nicht.
Ca 10 Minuten später bemerkte ich rechts neben mir einen schwarzen Ford Focus im Augenwinkel. Ich dachte: Wieso überholt der Depp mich nicht? und schaue rüber. Ein junger Mann gestikulierte mir, ich solle doch auf dem nächsten Rastplatz mal rausfahren. Ich sah nur irgendwas Oranges als Jacke und dachte: na toll, Straßenmeisterei oder so, jetzt kannste was erleben.
Auf dem Parkplatz sprang der junge Mann aus dem Auto, stellte sich als Roman vor und meinte, ich hätte in beiden linken Reifen zuwenig Luft - oder linkslastig 500kg geladen. Er habe sich Sorgen gemacht und erklärte mir anschließend den korrekten Reifendruck. Es stellte sich auf Nachfrage heraus, dass er Mitarbeiter der FORD-Werke in Köln ist, aber in meinem Nachbarort wohnt.
Ungefragt schlich nun auch er um meine Auto herum - allerdings lobte er es in den höchsten Tönen! Mit sicherlich eher sparsamem Gesichtsausdruck antwortete ich auf seine Fragen (Alter, Kilometerstand usw). Neeeein, verschrotten solle ich die Karre noch lange nicht und er würde das in seiner Freizeit doch auch machen und ich solle doch mal zu ihm kommen und hier ist die Telefonnummer und mach doch mal die Motorhaube auf und schau Dir mal den Motor an, der ist doch noch total trocken (whatever that means) und blabla...hier und da ein paar Kleinigkeiten, alles nicht teuer und bestimmt nochmal 2 Jahre TÜV...
Fazit: Ich habe einen höchst kompetenten Fachberater und unabhängigen Gutachter, der keine 5 Minuten von mir entfernt wohnt!!!
Nach dieser Begegnung der 3. Art saß ich erstmal noch 5 Minuten verdattert in meinem Auto. SO schnell hat das Universum (oder weiß der Geier wer!) noch nie reagiert!!!
Und, lieber Jochen, DAS verstehe ich unter "erwartet das Unerwartete"