In den letzten Wochen ist etwas höchst Merkwürdiges geschehen. Nicht dass mir alles unbekannt war, aber die Puzzelsteinchen fügten sich auf einmal wie von selbst.
Es begann mit Anfang des Jahres. Ich erinnerte mich auf einmal wieder an eine Szene aus meiner Studentenzeit. Wir hatten gerade die Hälfte unseres Chemiepraktikums geschafft und feierten nun in einem Lokal das so genannte Bergfest. Irgendeiner kam auf die Idee noch anschließend zu jemandem auf die Bude zu gehen und ich ging mit. Es wurde nicht späte Nacht sondern früher Morgen und ich hatte zu Hause den schönsten Krach, weil meine Mutter mich schon tot auf der Straße oder sonst wo gesehen hatte.
Das alles wusste ich und wenn ich mich daran erinnert hatte, so war es anfangs immer diese schreckliche Situation zu Hause und später, als ich die Muster mit meiner Mutter schön aufgelöst hatte, eher Erinnerung daran, was man nicht alles tut, wenn einen Muster beeinflussen. Doch nun kam zum ersten Mal die Erinnerung frei von dieser Geschichte und ich erinnerte mich daran, wie schön es bei der Feier war, dass ich neben einem Studenten gesessen hatte, mit dem ich mich im Praktikum kaum unterhalten hatte, und dass wir – wenn mich nicht alles trog – auch viel herumalberten. Zum ersten Mal wunderte ich mich, wieso ich überhaupt mitgegangen war, es war nämlich für die damalige Ursula absolut untypisch. Dann sah ich mich bei diesem Joe (er heißt anders) auf der Bude und wie er mir (und nur mir) eine Koralle zeigt, nach der er selbst getaucht war.
Die Erinnerung meldete sich immer wieder, nach Stunden, am nächsten Tag und ich machte eine schamanische Reise, um zu erfahren, was das solle. Die Antwort war: dieser Joe habe noch eine Botschaft für mich. Dann sah ich ihn vor mir und er sagte, er habe sich damals in mich verliebt, deshalb auch bei der Feier neben mich gesetzt und mich gefragt, ob ich auch mitginge. Und deshalb habe er mir auch die Koralle gezeigt. Doch ich habe auf ihn unnahbar gewirkt. – Na klar, ich war ja nur damit beschäftigt, wie ich heil nach Hause komme.
Also habe ich mich in der Reise bedankt und mich bei ihm entschuldigt, dass ich damals so gar nichts kapiert habe. Dann begann bei mir die Schriftstellerin aktiv zu werden. Und mit den Überlegungen, was wäre wenn gewesen, entstand ein neuer Roman. Noch einmal bedankte ich mich bei Joe für die Inspiration.
Kurz darauf kamen neue Szenen, so als hätte er damals mich doch erreicht und mich dann in Bonn – dort war ich zum Hauptstudium – in meiner Wohnung im Studentenwohnheim aufgesucht. Ich erlebte mich als schwanger und dann eine Fehlgeburt. Trauer – verständlich – und Reue. Reue? Wieso das? Also machte ich wieder eine Reise und erfuhr, dass dies mit einem früheren Leben zu tun hatte. Da erwartete ich auch ein Kind von einem Ausdruck dieses Joes und trieb ab. Es war ein Leben von mir, das ich schon zu kennen glaubte, aber diese Szene hatte sich bisher nicht gezeigt. Weitere Hinweise folgten. Letztendlich durfte ich vier weitere Leben sehen, in denen wir beide uns begegneten waren, er zweimal als meine Geliebte – da war ich der Mann –, einmal als meine geliebte Tante und einmal als verehrter Lehrer. Es bedeutete, dass ich in meinem Buch über meine Ausdrücke einiges ändern musste, was ich auch tat. Und dann dachte ich, die Geschichte sei zu Ende.
Kurz darauf zeigten sich weitere Szenen, jetzt auf seiner Bude spielend. Er zeigt mir die Koralle, aber ich bin nicht abweisend, ich gehe darauf ein. Auch das wiederholte sich ständig und ich fragte mich, was das solle. Ich fühlte mich ganz eigenartig und plötzlich hatte ich das Gefühl, mir fehle etwas. Fehlen? Oh, ein verloren gegangener Seelenanteil? Ich weiß noch, es war Abend und ich saß bequem auf meiner Couch. Und da es schön still im Raum war, beschloss ich, eine kurze schamanische Reise zu machen. Wenn es nicht funktionieren sollte, könnte ich immer noch in meinen Schamanenraum gehen. Es funktionierte vortrefflich.
Es stellte sich heraus, dass sich unsere beiden verliebten Teile – ach, ich hatte mich also auch in ihn verliebt? –von uns abgespalten hatten und nun lustig in einer Art Parallelwelt existierten und dort wie in einer Endlosschleife das taten, was wir uns damals nicht getraut hatten. Ich meinte nur: ‚Ich will meinen Teil aber wiederhaben!’ Darauf meine Spirits: ‚Dann musst du ihm seinen Teil auch geben.’ Zuerst begriff ich nicht, doch dann wurde mir klar, dass ich dem heutigen Mann, wo auch immer er ist, seinen verliebten Jungen wiedergeben sollte, ehe ich mir mein verliebtes Mädchen holte. Es wurde ein bisschen schwierig, denn der Junge wollte erst nicht, es gefiel ihm so gut. Hm. Ich blieb aber hartnäckig und nach einer Weile konnte ich sehen, wie der Junge in den schlafenden Mann hineinglitt. Mein Teil wartete schon auf mich und kam strahlend auf mich zu.
Es fühlte sich wunderbar an und wieder dachte ich, die Geschichte sei zu Ende. Natürlich hatte ich im Laufe der nächsten Tage ein paar Erkenntnisse. So fiel mir ein, dass ich mich gewundert hatte, warum ich mich nie verliebte. Ja wie sollte ich auch, der Teil war ja gar nicht da. Es wurde mir nun auch klar, warum ich überhaupt mitgegangen war, das war wohl der verliebte Teil in mir, der sich da durchgesetzt hatte.
Und heute Morgen unter Dusche kam mir noch eine Erkenntnis. Ich merkte, dass ich noch wesentlich liebevoller mit mir umging, als ich es sowieso schon tue. Ich bin nie ruppig mit mir oder meinem Körper umgegangen. Aber da war auf einmal etwas, was ich nicht kannte. Und mir ging auf: das ist der verliebte Teil in dir. Diese Sanftheit und Zärtlichkeit habe ich zwar immer geahnt, aber auf einmal war es so präsent wie noch nie. Und eine weitere Erkenntnis: Es würde mich zwar freuen, wenn ich Joe irgendwann begegnen würde – in diesem Leben wohlgemerkt – aber es ist nicht notwendig. Es ist wie wenn ich mir eine wundervolle Tasse Kakao gemacht hätte, die ich nun genieße. Wenn er auftaucht, so ist das die Sahnehaube obendrauf.
Doch damit waren die Erkenntnisse noch immer nicht zu Ende. Ich hatte im Schamanismus viel über Seelenverlust und Seelenrückholung gelernt. Conny und ich sprechen gar nicht mehr von Verlust. Wir haben vor einiger Zeit ein Bild gefunden, das wir für viel passender halten. Es ist wie ein Puzzlestein, der auf dem Kopf liegt, wir können ihn nicht in das Gesamtbild einfügen, weil wir nicht erkennen können, was es ist. Manchmal nehmen wir dann einen tatsächlichen Puzzlestein und drehen ihn bewusst um. Mein verliebtes Mädchen war auch ein solcher Puzzlestein, zwar da aber für mich nicht sichtbar. Und anders, als manche behaupten, empfinde ich es als überhaupt nicht tragisch. Ich habe eher das Gefühl – und das war die Erkenntnis heute Morgen –, dass ich damit diesen Teil vor Verletzungen bewahrt habe. Er war die ganze Zeit bei einem vertrauten Wesen. Das, was dieses verliebte Mädchen in dieser Parallelwelt erlebt hat, schenkt es mir nun. Und das fühlt sich einfach nur wundervoll an. Und ich fragte mich, ob wir nicht manchmal ganz bewusst so etwas wie „Seelenverlust“ kreieren, um nach einer Weile an vollkommen intakte und gesunde Teile von uns zu kommen.
Ich habe Teile von dieser Geschichte schon an anderer Stelle gepostet, aber ich hatte das Gefühl, es ist wichtig, alles in einem zu beschreiben. Und vielleicht ist es ja für den ein oder anderen hilfreich. Für mich war es wichtig, es einmal am Stück aufzuzeichnen. Dadurch ist es für mich rund geworden.
danke für Deine exzellente Geschichte. Habe grade mit großem Interesse gelesen, wie Du Dir Deinen Seelenanteil wieder herangeholt hast. Da ich mit diesen Themen auch etwas vertraut bin. Und Deine Idee, dass sich diese Anteile vielleicht "erholen", nenne ich das mal, ist eine sehr positive. Bisher sah ich es immer als traurige Angelegenheit.
Ich erlebe dieses Bewußtwerden momentan auf ganz einfache Art und Weise durch den gefühlten Kontakt mit Situationen. Plötzlich merke ich, wo etwas in Vergessenheit geraten ist, alte Muster ziemlich fest sitzen und spüre, wie ich sie lösen kann. Das geschieht an vielen Orten, die ich besuche.
Sie spiegeln mir, welcher Zustand gerade ist und wo es Ausgleich benötigt. Das ist eine spannende Angelegenheit, wenn man sich darauf einlassen kann. Dieses auf die Bilder eingehen, wenn sie immer wiederkommen oder wenn Gefühle wiederholt auftauchen, ist ein Anzeichen dafür, dass da etwas nach Erlösung drängt.
du beschreibst genau das, was seth in seinen büchern gesagt hat.
dass ein teil von uns sich - bei einem großen wunsch oder sehnsucht - abspaltet und eine andere parallelwelt bildet. ein eigenes leben lebt... alles dort "lebt"..
diese zeitlinien können dann auch enden... oder integriert werden auf wunsch, wie du es gemacht hast...
darüber hinaus haben wir parallelinkarnationen... d.h. anteile, die zeitgleich anderen körpern sind.. wenn wir z.b. viel auf einmal lernen wollen..
schön, dass es sich so gefügt hat... in dich / in euch.. und dass es sich so schön anfühlt !!!!
danke für eure Rückmeldungen. Hm, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass die Vorstellung von Parallelwelten für mich nicht neu war - allerdings nicht durch das Lesen von Seth (übringens danke ShanuRa für den Hinweis), sondern weil uns Sandra Ingerman in ihrem Seminar darauf hingewiesen hat. Sie hatte nach einem Beinaheabsturz eines Flugzeugs das Gefühl, ihr fehle ein Seelenteil. Sie wollte ihn sich holen, was nicht funktionierte, sie bat andere Schamanen darum, auch die kamen nicht weiter. Und dann fiel ihr ein, dass Physiker von Parallelwelten sprachen. Also machte sie eine Reise in die Parallelwelt, in der das Flugzeug tatsächlich abgestürzt war. Und siehe, dort steckte ihr Seelenteil.
Und dass ein Seelenteil, der nicht bei mir ist, durchaus geschützt sein kann, war mir auch nicht neu. Dazu gibt es zwei Erlebnisse. Das eine habe ich im keltischen Schamanismus kennengelernt. Da gibt es nämlich so etwas, das sich Seelenverstecken nennt. Ich gebe den Teil von mir, der mit etwas Probleme hat, in die Obhut meiner Spirits - für eine bestimmte Zeit, beispielsweise eine Woche. Dann hole ich ihn mir wieder. Zum einen muss ich in der Woche keine Energie aufwenden, diesen Teil zu schützen, und zum anderen hat der sich dann auch "erholt" - oder wie einer meinte: der war in Kur. Im Seminar Seelenrückholung habe ich etwas Ähnliches erfahren wie mit meinem verliebten Teil, nur dass damals der Teil nicht in einer Parallelwelt war. Meine Partnerin holte mir mein magisches Kind, das ich mit fünf Jahren abgegeben hatte. Sie fand es in der Obhut einer alten weisen Frau. Heute bin ich froh darum, wer weiß, was sonst damit geschehen wäre.
Vielleicht äußert sich aber auch in dem allen eine Einstellung von mir, die mir mein Vater mitgegeben hat: Wenn irgendetwas geschah, meinte er immer nur: wer weiß wofür es gut ist. Ja, und ich bin überzeugt, es hatte immer allles seinen Sinn und Zweck. Und wenn dies nur eine sich selbsterfüllende Prophezeiung sein sollte - na um so besser. Lieber so als andersherum.
das war wundervoll, diese geschichte von dir zu lesen. ich denke jeder weiss, mehr oder weniger bewusst, was es bedeutet, so eine fragmenthafte seele zu haben, d.h. all diese anteile zu haben, die nicht integriert sind. ich habe viel an mir gearbeitet in den letzten jahren und doch sind noch so viele liebe antelie 'da draussen'. z.b. vor kurzem hatte ich einen heftigen streit (unser einziger bis jetzt) mit meinem partner und ich war auch ziemlich gemein zu ihm. d.h., es war ein seelenanteil von mir, der da aus mir herausgeschossen kam. mir wurde ploetzlich bewusst, dass die einsamkeit, die ich empfand warend der streitphase gar nicht meine war, sondern die des anteils, der nach hause wollte. es ging auch viel besser, als ich dann die luft rausgelassen hatte. gottseidank ist mein partner sehr versaendnissvoll und liebevoll und unsere verbindung ist gestarekt aus der krise hervorgegangen. ich weiss jedoch, dass da noch einige anteile nicht integriert sind. habe mir vor jahen ein alter ego erschaffen, an die ich alles abgeschoben habe, was ich nicht sein wollte. ziemlich dunkel und boese treibt sie ihr unwesn jetzt in sin city, es hatte aber damals meinem koerpelichen und seelischen ueberleben gedient. oder ich denke, da ist ein fruheres leben von mir, in dem ich meine kinder verloren hatte und diese angste trag ich noch immer in mir. nun, ich bin kein mensch der auf seminare geht und mit schamanismus kenn ich mich leider nicht aus. ich hoffe, weiss, dass sich bald eine tuer oeffnet, und alle meine anteile wieder zurueckkommen... irgendwie... danke fuer deine inspiration
Hallo lieber paradiesvogel - ach, was für ein hübscher Name -
ich weiß inzwischen, dass immer dann, wenn die Zeit reif ist, ein Anteil integriert werden kann. Manchmal lade ich einfach - ohne zu wissen was es sein könnte - die Teile ein, die nun passen. Und fühle mich immer vollständiger. Und manchmal nehme ich tatsächlich so einen Puzzlestein aus irgendeinem Puzzle (am liebsten mit Landschaft), nehme ihn in die Hand, mit der Rückseite nach oben, und drehe ihn dann ganz bewusst um.
Ich muss gerade schmunzeln. Antalia würde jetzt sagen: wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. Ja, manchmal ist die spielerische Art wirklich die schönste, beste, wirkungsvollste(?) - ach einfach die genialste.
Zitat Ich muss gerade schmunzeln. Antalia würde jetzt sagen: wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. Ja, manchmal ist die spielerische Art wirklich die schönste, beste, wirkungsvollste(?) - ach einfach die genialste.
Liebe Ursula
Du animierst mich so richtig zum Träumen, Spinnen, schreiben, erinnern, usw.
ZitatFreut mich. Und du mich auch. Hihi, und wenn alle mitmachen, was muss das dann erst für eine Freude sein.
Liebe Apfelblüte
Vormachen, nachmachen, aufmachen, zumachen.
Alles ist Energie. Und nichts regt andere so sehr zum Mitmachen an, wie das Vormachen und auch das Nachmachen ist schöpferisch, denn jeder ist ein einzigartiger Fingerabdruck des LEBENS und daher ist sein Nachmachen schon wieder ein eigenes Machen.
Zumachen ist genauso wichtig, wie Aufmachen, wie Einatmen und Ausatmen, Ebbe und Flut.
In diesem Sinne machs vor, als kreative Schrifstellerin, und ich machs nach...
Es gibt Generationshäuser inzwischen. Vorgemacht hat es Japan, nachgemacht hat es Deutschland. Das Pflegeheim für alte Menschen ist verbunden durch einen Gang mit einer Kita. Immer wieder treffen sich jung und alt, zum Essen, zum Plätzchen backen, zum Spielen. Die Kleinen sind völlig unbefangen und hopsen auf Rollstuhlfahrern herum, nehmen eine demente Frau in ihre Mitte, spielen auf ihr, neben ihr. Zum Mittagessen kommen Schulkinder, die "Alten" geben ihnen Nachhilfeunterricht.
Weil ich gerade vom Stein werfen sprach, fällt mir zum "herumgedrehten Puzzlestein" noch etwas ein
Alles kann sowohl negativ als auch positiv aufgefasst werden. Wenn ich einen Stein in der Erde umdrehe, können drunter Würmer, Dreck usw. daran hängen, und ich sage evtl. iiiiiiigiiiiiitt. Es ist aber auch möglich, diesen Stein ins Wasser zu werfen, so dass etwas Neues beginnt, seine Kreise zu ziehen.
Also herumgedrehter Puzzlestein - Stein des Anstoßes - Stein der etwas in Gang setzt?
Siehste, Ursula, wie es bereits anfängt in meinem Hirn, Kreise zu ziehen,