Danke für Deinen ausführlichen Nachtrag. Ich selbst habe kaum Erfahrung mit Depressiven. Meine Frau war mal hormonell bedingt in einer. Kaum ging die Sonne unter, schwupps flossen die Tränen. In meiner Verzweiflung meinte ich, sie solle sich was in ihrer Lieblingboutique kaufen - das wirkte sonst Wunder. Aber nein, sie brauche nichts mehr, meinte sie unter Tränen. 14 Tage später war der Spuk vorbei - es ging ihr wieder gut, und da ging sie dann einkaufen. Was dann mich den Tränen nahe brachte
Und auch allen andern (Karin, Gyan, sub ....) ein Danke für diesen Austausch. War schön, Euch wiedermal zu lesen - unabhängig von den geäusserten Meinungen. Die sind ja net so wichtig, wie der Mensch dahinter
auch von mir ein herzliches Danke für deinen letzten Beitrag, lieber Jochen
ich war 14 jahre alt, als ich bei der neuen Lebensgefährtin meines Vaters auf dem Sofa sass und sie davon sprach, wie sie Stücke von ihm von den Gleisen aufgehoben hatte, um sie in ihrem Garten zu vergraben " ich konnte ihn doch da nicht liegen lassen!!", sagte sie und schaute uns in die Augen..... auf dem Friedhof brach sie dann zusammen, eingehakt in meine Arme und die meines grossen Bruders .... ich kann dir sagen, viele Jahre lang, waren es diese beiden Momente, die ich nicht vergessen konnte.... über den Verlust und Tod meines Vaters habe ich erst sehr viel später weinen können ...
alles was du gesagt hast, kenne ich sehr gut, ich bin dir wirklich sehr dankbar
Es berührt mich tief, was Jochen und du erzählen liebe Lenka. Ich selbst habe viermal versucht, mir dass Leben zu nehmen, es hat nie geklappt. Das erste mal nahm ich Beruhigungstabletten, 200 Stück, waren wohl zuviel, das zweitemal wollte ich mir mit einer Spritze Luft in die Vene pumpen, stellte mich blöd an, das dritte Mal normale Schlaftabletten, musste mich übergeben. Das letzte Mal legte ich mich sechs Monate ins Bett, hörte auf zu essen und dann zu trinken, bis ich ein Skelett war, um dann auf dem Sessel zu sitzen, vier starke Balken vor meinem Herzen zu spüren und zu hören. Wenn du dich jetzt nicht nach vorne beugst, hörst du auf zu atmen und hast es geschafft.
Doch da war eine innere Kraft, die mich zwang, meinen Oberkörper nach vorne zu beugen und weiterzuatmen. Danach lief aus mir ein ganzer Eimer voll Wasser. Es war entsetzlich, wieder essen und trinken lernen zu müssen, der kleinste Schluck Wasser bereitete Höllenschmerzen im Magen. Als ich das erstmal nach sieben Monaten wieder nach draußen ging, brannte meine Haut ebenfalls wie Feuer.
So weiß ich, wie es sich anfühlt, dieses sterben wollen und ich weiß auch, wie es sich anfühlt, magersüchtig zu sein und wieder essen zu lernen. Es hat noch Jahre gebraucht, bis ich es nicht mehr bedauerte, dass ich damals doch weiteratmete. Aber es ist wohl so, dass ES einfach geschieht und ich nur scheinbar eine Wahl hatte. Meine Tochter hat jetzt erst mir vergeben können, dass ich sie damals auf ihrem handy anrief und sagte, ich habe Tabletten genommen, und werde sterben, habe sogar ein Testament verfasst. Sie machte sich bis heute Vorwürfe, ob sie hätte etwas machen können, sie war damals 16 Jahre und 70 km weg in ihrer Ausbildung.
Da morgen auch noch Buß- und Bettag ist, scheint es wohl mal herausfließen zu wollen. Auch wenn wir davon ausgehen, dass wir auf höherer Ebene das selbst wählen? Heute sage ich ganz ehrlich, ich glaube da nicht mehr daran, dass "ich" wählen kann, was geschieht. Doch achte ich jede Sehensweise und und kann sie zulassen, sein lassen.
Du siehst einerseits die Not und die Verzweiflung, gleichzeitig brutale Ego- und Machtspiele, ein perfides System von Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit, und wenn es dann manisch-depressiv ist, dann blickst du gar nicht mehr durch, du bist nur noch am checken wie du da selbst heil über die Runden kommst.
Depressive Menschen können extrem manipulativ sein. Da braucht es schon viel Fingerspitzengefühl und sehr viel emotionale Autonomie, also einen gesunden Kern in einem selbst (und den zugang dazu), um immer wieder angemessen zu reagieren. Zu spüren, wann wirklich Zuwendung angesagt ist und wann eine ganz klare Abgrenzung. (Ein schroffes „NEIN“ kann Wunder bewirken!)
Danke lieber Jochen für die klare Formulierung, - ich kenn das von Kindheit an durch meine Eltern, (der sich erschossene Großvater hat ordentlich geprägt, und der sich zu Tode gesoffene gewalttätige Spieler auch) und jetzt probiert meine alte Mutter noch manchmal, mich in Panik zu versetzten, wenn bei ihr die Schmerzen zu groß werden. .., ist mir heute nacht eingefallen, dass ich ja eigentlich meine Mutter "behandle", -
auch in der Schule ist es so, dass Gelegentlich der Kontakt zu den Eltern notwendig ist, und dann hat man zuerst mal die Information, dass der zuständige Elternteil depressionskrank ist, und sozusagen das auffällige Kind das zur Gesundheit fähige Familienmitglied.
Das Lesen und Schreiben hier im Forum ist eine gute Unterstützung für mich, auch weil die verschiedenen Teilnehmer oft sehr unterschiedlich reagieren und mir so einen schönen Spiegel geben. Ich danke Euch sehr. Inge