Auf steiler Strasse traf ich jüngst ein Mädchen, den kleinen Bruder auf dem Rücken tragend. "Ei", sagt ich, "Kind, da trägst du eine schwere Last!"
Drauf sieht verwundert mich das Mädchen an und spricht: "Mein Herr, ich trage keine Last, ich trage meinen Bruder."
Ich stand betroffen: Tief hat sich das Wort des tapfern Kindes mir ins Herz gegraben. Und immer, wenn die Not der Menschen mich bedrückt und mir wie eine schwere Last den Mut will rauben, so mahnt des Mädchens Antwort mich und tröstet: "Du trägst ja keine Last, du trägst doch deinen Bruder!"
Was mir gerade erst aufgegangen ist an dieser Geschichte von Bruder und Schwester. Das Mädchen empfand sich nicht als tapfer, für sie war das Tragen ihres Bruders völlig natürlich. Wenn jedoch diese Bruderliebe als Gebot gegeben wird, das ich befolgen soll, sehe ich es als Mühe. Liebe fließt jedoch mühelos, solange ich mich eins fühle mit ALLEM WAS IST. Denn dann besteht zwischen mir und meinem Bruder kein Unterschied, trage ich ihn, trage ich mich.
Wieder etwas neues erfahren, es öffnet sich wirklich plötzlich alles in mir von selbst, ohne dass ich "einen Finger rühre".
Mir fällt etwas ein, wie dieses Gedicht, ich schreibe es hier hinein und blitzartig SEHE ICH die
Mühelosigkeit
der Liebe des Kindes. Solange Nächstenliebe ein Gebot ist, ist es Gesetz und damit Pflicht. Da Liebe freiwillig ist, kann das nicht funktionieren. Wenn ich wieder im Urvertrauen des Kindes angelangt bin, und damit Teil des GANZEN, bedarf es keines Gebotes der Nächstenliebe mehr. Der Erwachsene hat es nicht erkannt, die Mühelosigkeit der Nächstenliebe, er empfand es als "tapfer". Und genau das macht die christlichen Gebote so m ü h s a m, man MUSS sie befolgen.
"Du sollst!"
ES IST ALLES LEBEN - LIEBE - ist im Flusss, fließt von selbst, wenn ich es nicht staue, z.B. durch GEBOTE.