Sind Autos überlebenswichtig, Investmentfonds unverzichtbar? Die indische Umweltaktivistin Vandana Shiva, ausgezeichnet mit dem alternativen Nobelpreis, plädiert im Interview mit SPIEGEL ONLINE dafür, neue Prioritäten zu setzen - und Bäume zu pflanzen.
SPIEGEL ONLINE: Frau Shiva, haben Sie als Umweltaktivistin und Feministin Verständnis dafür, dass viele Menschen in Deutschland gerade die Frage umtreibt, wer die Wahl zu "Germany's Next Topmodel" gewonnen hat?
Vandana Shiva: Nein, was diesen Teil des Lebens anbelangt, bin ich wirklich ignorant. Top-Models könnten an mir vorbeilaufen, und ich würde sie nicht erkennen. Nach Super-Models zu suchen, während das Klima und die Weltwirtschaft im Chaos versinken, ist so, als würde Nero fiedeln, während Rom brennt.
SPIEGEL ONLINE: Welchen Eindruck haben Sie von Deutschland?
Shiva: Ich war schockiert, dass die Regierung - um die sogenannte Wirtschaft am Laufen zu halten - den Menschen 2500 Euro Unterstützung zahlt, damit sie ihr Auto zerstören, damit die Industrie weiter Autos bauen kann. Aber woher kommt das Aluminium für diese Autos? Ich arbeite mit Gemeinden in Indien, die gegen Aluminium-Erz-Minen und gegen neue Stahlwerke kämpfen.
SPIEGEL ONLINE: In Deutschland ist die Stahlindustrie in der Krise ...
Shiva: ... bei uns wird Stahl hergestellt, auf unserem Ackerland. Wenn ich hier grüne Landstriche sehe, muss ich an ehemals schöne Gegenden in Indien denken, die zerstört wurden, um die Konsummaschinerie am Laufen zu halten.
SPIEGEL ONLINE: Wie lässt sich dieser Prozess Ihrer Meinung nach aufhalten?
Shiva: Wir können Schlimmeres verhindern, wenn wir uns entscheiden, bewusst und verantwortungsvoll zu leben. Wenn wir unser Verhalten nicht ändern, wird unser Planet weiter zerstört. Den Menschen werden die Lebensgrundlagen entzogen, die Gesellschaft kommt ins Wanken. Die meisten Konflikte, wie in Sri Lanka oder im Swat-Tal, sind Nebeneffekte unseres Wirtschaftmodells, das so gierig nach Rohstoffen ist, dass es anderen die Ressourcen stiehlt. Und die Bestohlenen werden sich erheben. Man hat eine ökologische Zeitbombe und die ökonomische - und man weiß nicht, welche zuerst explodiert.
SPIEGEL ONLINE: Martin Luther wird das Zitat zugeschrieben: "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen." Haben Sie schon einen Apfelbaum gepflanzt?
Shiva: Ich habe schon viele Pflanzensamen gesammelt. Und je verzweifelter ich werde, umso mehr Samen sammele ich und setze sie ein. Und eines ist sicher: Der Drang in mir, biologische Vielfalt zu wahren, örtliche Landwirtschaft zu schützen und den ärmsten Menschen ihre Lebensgrundlagen zu sichern, wächst proportional mit der Zerstörungswut der globalen Wirtschaft.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie die Gefahr, dass die ökologische Krise jetzt wegen der ökonomischen Krise vernachlässigt wird?
Shiva: Wir konzentrieren uns sicherlich zu sehr auf die ökonomische Krise - natürlich auch, weil die Regierungen und die Automobilindustrie sie als den Anfang vom Ende darstellen. Als würde die Welt ohne Banken und Autobauer zusammenbrechen. Dabei verkauft die Automobilindustrie zu viele Wagen, die keiner wirklich braucht, und die Banken spekulieren ständig mit neuen Papieren. Statt das zu korrigieren, wird alles getan, um rettend einzugreifen. Das ist so, als hätte ein Luftballon ein Loch, und man pustet trotzdem weiter Luft hinein. Aber ein kaputter Ballon ist kaputt.
SPIEGEL ONLINE: Wir müssen uns also von Limousinen und Investment-Fonds verabschieden?
Shiva: Die Krise zeigt uns, das stetige Anhäufen von materiellen Dingen ist vorbei. Nun kann man entweder in Panik geraten oder man kann sagen, gut, dass das vorbei ist - nun kann ich mich darauf konzentrieren, ein wirklich glückliches Leben zu führen.
SPIEGEL ONLINE: Die Krise als - letzte - Chance?
Shiva: Genau, aber Regierungen und Unternehmen sind zu schwerfällig, um Alternativen zu entwickeln. Es ist wie bei einer schweren Maschine, die einmal in Gang ist. Es sind die einfachen Bürger, die andere Ideen haben und sich für diese einsetzen müssen.
SPIEGEL ONLINE: Und wie könnte das Engagement der Bürger aussehen?
Shiva: Gärtnern kann die Welt retten. Wir sind an einem Punkt, an dem Gartenarbeit viel ändern kann - materiell, emotional und politisch. Jeder sollte gärtnern. Für die Menschen, die keinen Platz haben, müssten die Gemeinden dafür öffentlichen Raum schaffen - statt neuer Parkplätze. Im Krieg wurden hier in Deutschland auch an den Rändern der Städte große Gärten angelegt, damit sich die Menschen ernähren konnten.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Kritiker nennen das naiv - genau wie die "Erd-Demokratie", für die Sie kämpfen, die eine Form des gleichberechtigten Zusammenlebens für Mensch, Tier und Pflanze vorsieht.
Shiva: Das ist nicht naiv, das ist die Art, wie unser Planet funktioniert. Andere Lebewesen schaffen die Grundlagen für unser Leben, darum haben sie ein Recht auf Gleichberechtigung. Bäume beispielsweise geben uns den lebensnotwendigen Sauerstoff und haben ein Recht auf Wasser. Es ist dumm und arrogant, zu sagen, der Boden, das Wasser, die Luft - all das gehört den Menschen. Denn damit zerstören wir unsere Lebensgrundlagen. Besonders Männer mit Macht sind gut darin - sie haben uns auch in die momentane Krise gebracht.
SPIEGEL ONLINE: Unterstützen Sie also die These, wenn Frauen die Welt regierten, gäbe es weniger Kriege?
Shiva: Eine kategorische Ersetzung von Männern durch Frauen ist nicht die Lösung. Man könnte hundert Margret Thatchers haben und hätte mehr Kriege als jetzt. Was wir brauchen, ist eine bessere Verbindung eher weiblicher Kompetenzen wie zum Beispiel Fürsorglichkeit mit der Politik. Die Fähigkeit, sich zu kümmern, ist bei Frauen besser ausgebildet, aufgrund der vorherrschenden Arbeitsteilung. Wir brauchen Frauen, die sich diese Qualität erhalten haben und dadurch Entscheidungen anders treffen. Wir brauchen Menschen an der Macht, die sich um die Umwelt, die Menschen und die Gesellschaft kümmern.
SPIEGEL ONLINE: Inzwischen nehmen Frauen zunehmend politische Führungspositionen ein, wie Angela Merkel oder Hillary Clinton. Verändern die Frauen die Politik oder verändert die Politik die Frauen?
Shiva: Bisher hat die Politik die Frauen verändert. Die Strukturen bestimmen zu stark, was eine Person in einer bestimmten Position tut. Frauen, die an die Macht gekommen sind, konnten das nicht ändern, aber Frauen an der Basis können daran rütteln. Das Engagement von Frauen ist die stärkste politische Kraft, die wir im Moment auf der Welt haben.
SPIEGEL ONLINE: Obwohl Sie wirklich viel leisten, stehen andere Frauen stärker im Rampenlicht, beispielsweise Michelle Obama oder Oprah Winfrey. Ist das nicht ungerecht?
Shiva: Das ist kein Problem für mich. Schließlich tötet Oprah Winfrey nicht unsere Bauern - sie hat nur eine Talkshow. Es wäre aber nett, wenn sie in ihrer Talkshow über die Selbstmorde von indischen Bauern in Verbindung mit Monsantos patentiertem Saatgut bringen würde.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Kampf für eine andere Gesellschaftsordnung scheint aussichtslos - was treibt Sie trotzdem immer weiter an?
Shiva: Mein Herz treibt mich, mein Bewusstsein, mein Geist. Was ich tue, tue ich nicht aus irgendeinem unechten Grund, sondern weil es einfach zwingend notwendig ist. Und dann fließt automatisch die ganze Energie des Universums hinein. Außerdem binde ich meinen Widerstand an kreative Alternativen, die täglich umgesetzt werden können. Samen wachsen zu sehen und sagen zu können, wenn ich morgen nicht mehr da bin, wachsen sie trotzdem weiter - das ist befriedigend.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es etwas, worauf Sie verzichten müssen, um sich mit diesem Einsatz für Ihre Vision zu engagieren?
Shiva: Ich bin von Beruf Physikerin und musste diese Leidenschaft opfern, um mein jetziges Leben zu führen. Auch ich muss Grenzen akzeptieren - der Tag hat nur 24 Stunden und mein Körper hat ein Limit. An manchen Tagen vermisse ich die Physik, das intellektuelle Spiel. Aber es wäre schrecklich egoistisch, mich in meinen Lieblingsgedankenspielen zu verlieren, während die Welt untergeht.
ZitatVandana Shiva wurde 1952 im nordindischen Dehradun geboren. Die studierte Physikerin verzichtete auf eine wissenschaftliche Karriere und machte sich einen Namen als Umweltschützerin, Bürgerrechtlerin und Feministin. Ihr Fokus liegt auf dem Kampf für Artenvielfalt und gegen Biopatente. 1993 wurde sie mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Schaut auch mal bei dem verlinkten Artikel rein, da sind noch mehr Infos, z.T. in Menü-Form, die sich nicht mit dem Artikel kopieren lassen, z.B. über den Alternativen Nobelpreis und über Vandana Shiva. LG S'nR
Danke S&R, finde ich schon wieder supergut, so einen Artikel. Auch wenn mich die Fragestellung hinsichtlich Michelle Obama total annervt, denn schließlich steht die Dame in einem völlig anderen Kontext, aber so fragt Journalist wohl. Und die Sache mit dem Gärtnern rennt bei mir offene Türen ein, ich sehs genauso als wichtiges Ding an. Was ich nicht gut finde, ist, dass Pflanzen hier sprießen, die nicht in diese Vegetation gehören, das ist kritisch zu nehmen. Auf der documenta in Kassel war das vor 10 Jahren mal ein Thema. Weil es die Arten hier beeinflusst.
Dass Autos so dermaßen wichtig sind, ist mir jetzt erst so richtig klar geworden. leider oder bzw. gott -s - d habe ich auch noch eines, aber ich bin mir der ökonomischen Falle da sehr bewußt, benutze es wenig und naja, toll ist es nicht, alleine eines zu haben. Aber da...ist auch Veränderung angesagt. Wahrscheinlich ändert sich mein Konsumverhalten so pöapö im Zusammenhang mit Geldfluss und Aktionen mit anderen.
Gestern las ich auch noch etwas zu dem Thema Banken und Kapitalismus in der taz, die ich wahrscheinlich ein paar wochen abonnieren werde. Weil es schon ermüdend ist, immer nur Tv-nachrichten zu kriegen...so wenig Hintergrund, da reißen auch so Sendungen wie monitor nicht mehr raus.
Zitat von Schall&Rauch Shiva: Ich bin von Beruf Physikerin und musste diese Leidenschaft opfern, um mein jetziges Leben zu führen. Auch ich muss Grenzen akzeptieren - der Tag hat nur 24 Stunden und mein Körper hat ein Limit. An manchen Tagen vermisse ich die Physik, das intellektuelle Spiel. Aber es wäre schrecklich egoistisch, mich in meinen Lieblingsgedankenspielen zu verlieren, während die Welt untergeht.
Eine sehr engagierte Frau, doch dieser Satz klingt mir zu sehr nach "Leiden ist gut und tugendhaft". Auch in ihrer Eigenschaft als Physikerin gäbe es bestimmt eine Unmenge Beiträge, die sie zu einer besseren Welt erarbeiten könnte...
Ich denk auch nicht, daß die Rettung des Planeten darin bestehen wird, daß alle Menschen zu Kleinbauern werden. Wir werden weiterhin auch Handwerker, Techniker, Wissenschaftler, Lehrer, Heiler, Priester und Künstler (sowie die entsprechenden -innen )und dergleichen brauchen. Ebenso glaub ich, daß ihr diese Arbeit ein Mindestmaß an Freude und Befriedigung verschaffen wird - eine Opfernatur scheint mir diese Frau nicht zu sein, das bringt sie auch in dem Abschnitt zum Ausdruck, der der "Opfer"-Frage unmittelbar vorausgeht. Was ich an dem Interview bemerkenswert fand war ihre ebenso knappe wie treffende Sicht auf fragwürdige Massenunterhaltung oder verzweifelte Rettungsversuche wie die Abwrackprämie sowie auf die Einbindung des Menschen ins gesamte Ökosystem, auch ihre erfrischend un-blauäugige Einschätzung der Rolle von Frauen in der Politik, und besonders folgenden Hinweis
ZitatSPIEGEL ONLINE: Obwohl Sie wirklich viel leisten, stehen andere Frauen stärker im Rampenlicht, beispielsweise Michelle Obama oder Oprah Winfrey. Ist das nicht ungerecht? Shiva: Das ist kein Problem für mich. Schließlich tötet Oprah Winfrey nicht unsere Bauern - sie hat nur eine Talkshow. Es wäre aber nett, wenn sie in ihrer Talkshow über die Selbstmorde von indischen Bauern in Verbindung mit Monsantos patentiertem Saatgut bringen würde.
der leider nicht detaillierter ausfiel.Hier sehe ich den Bezug zu den aktuellen Kornkreisen. Die Perversion des Gewinnstrebens zeigt sich m.E. nirgendwo so deutlich wie in der gentechnischen Veränderung von Naturprodukten wie Getreide. Gerade Getreide zeigt deutlich sichtbar das Prinzip von organischem Wachstum - ein einzelnes Korn hat das Potenzial, eine Ähre mit vielen Körnern hervorzubringen, die wiederum dieses Potential haben. Genau dieses Potential wird bei patentiertem Saatgut zerstört, wodurch Bauern nicht mehr in der Lage sind, einen Teil ihrer Ernte für die nächste Aussaat zu verwenden, sondern gezwungen sind, immer wieder Saatgut kaufen zu müssen. Und gleichzeitig maßt sich der Konzern ein Besitzrecht auf ein Grundnahrungsmittel an, das der Menschheit (und Teilen der Tierwelt) ebenso zur Verfügung gestellt wurde wie Atemluft, Trinkwasser und Sonnenlicht - nämlich kostenlos. Natürlich ist die Überschrift schon fast reißerisch plakativ. Aber das ist halt Mainstream-Journaille und kein Grund, sich feixend am Titel hochzuziehen und dabei den Inhalt völlig außer Acht zu lassen, denn sie deutet meiner Ansicht nach durchaus auf die richtigen Punkte. LG S'nR
Si, Schall und Ruach, und dafür brauchste diese Künstler ( ) - rinnen eben, um diese Prozesse auf Sinne treffen zu lassen, sofern möglich und entsprechendes Denken, was sich ja auch in Wortspielen (künstlerisch) ausdrücken kann, widerspiegelt (spiegel-online ) aufzurütteln. Ich wüsste da kein besseres Mittel, beuys hats ja immer wieder aufgezeigt.
Hier vor Ort gab es ein Projekt, indem ein englischer Künstler (Jeremy Deller, Re-Enactment) die riesigen Kleingartenkolonien ( 54 Stück reihenweise parzelliertes Grün) vom Flieger aus sah und beschloss, sein Projekt dort anzusiedeln: historischer Moment des Kleingartens zZ der Industrialisierung: damals Armen- und Spezialgärten, Oberschicht kurzweilte sich im Grünen! soziale Ausprägungen heute: Ordnungs- und Pflichtbewusstsein sichert das Freiheitsmoment , der Garten wird uU zur Bühne der Selbstdarstellung.
Nun dürfen diese Jungs hier zehn Jahre Protokoll führen über sämtliche Aktivitäten in ihren Gärten. "Speak to the earth and it will tell you" (Buch Hiob entlehnt) Und um sich die Zeit zu versüßen, können sie und alle, die sich auf die Ergebnisse freuen, noch ein gärtnerisches Kleinod züchten: den Taschenbuchbaum, der bis zur ersten Blüte, ähnlich einem sich entfaltenden Taschentuch, zehn Jahre benötigt.
Für mich war abgesehen von der gärtnerischen Idee auch wichtig, dass es sich dabei um eine asiatische Pflanze handelte. Dadurch ergeben sich Komponenten von Ruhe Gelassenheit Verbindung von Kosmos und Erde (Elemente) jenseits sämtlichen Wahns.
Zitat von Schall&Rauchbesonders folgenden Hinweis, der leider nicht detaillierter ausfiel.
Ich habe nur mal "Selbstrmorde von indischen Bauern" gegoogelt und bekam sofort massenweise Artikel angezeigt. Hier ist nur mal ein Link: http://de.wikinews.org/wiki/Indische_Bau...flung_das_Leben Es läßr sich aber problemlos jede Menge mehr dazu finden.
Danke für den Link Der http://de.wikipedia.org/wiki/Monsanto ist auch gut - oder schlecht, wie man's nimmt. Dioxin, Agent Orange, genmanipuliertes Saatgut, weltweites Landwirtschaftsmonopol - klingt als würden sich in der Konzernleitung die Oberschurken aus sämtlichen James-Bond-Filmen die Hände schütteln. Gruselig Trotzdem LG S'nR
................und es geht noch weiter.................... Spezial - Wasserkrise
Durst und Überfluss Auf dem Klo, in der Küche sind wir Wassersparmeister. Unser Konsum lässt dennoch andere Regionen verdorren. // Ursula Quass
Mit monotonem Schritt trottet ein Kamel an einem Schiff vorbei, das irgendwo im endlos braunen Nichts vor sich hinrostet. Ein alter Mann klettert auf eines der Wracks und träumt: vom Blau des Aralsees, das hier einst Wellen schlug, vom Geschrei der Möwen und davon, dass die Menschen hier einmal Arbeit hatten. „Der war etwas Besonderes, dieser Aralsee“, sinniert er vor sich hin, „jetzt ist er 100 Kilometer weit weg.“
Der See ist verdunstet und hat seine Uferlinie wie eine Schlinge zugezogen. Szenenwechsel. Nun nimmt Udo Maurer die Zuschauer in seinem Film „Über Wasser“ mit nach Bangladesch. Den Bewohnern dort steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals. „Der Fluss war früher eine Stunde weit entfernt“, erinnert sich ein Bauer, „jetzt spült er Land weg und damit Ackerland.“ Mit der Flut könnten die Menschen leben, sagt eine Frau leise, „dann stellen wir die Betten höher. Aber wenn der Fluss das Land frisst, dann leben wir im Schlamm“.
Äcker versalzen Nairobi, Kiberia. 1,4 Millionen Menschen und damit die Hälfte der Einwohner Nairobis leben dort in einem einzigen, riesigen Slum. Wasser treibt die Menschen dort um. „Nicht jeder kann sich Wasser leisten, weil nicht jeder Arbeit hat“, bringt ein Wasserverkäufer die Not auf den Punkt. Wer Wasser stiehlt, wird in Kiberia schon einmal bei lebendigem Leib verbrannt.
Der Grund für die Katastrophe am Aralsee ist seit Jahrzehnten bekannt: Der verstärkte Baumwollanbau in der Region. Global gesehen fließen 70 Prozent des Frischwasserbedarfs in die Landwirtschaft. Und würden sich alle Menschen so anspruchsvoll ernähren wie Nordamerikaner und Europäer, stiege der Wasserbedarf der Landwirtschaft insgesamt um 75 Prozent. Will man den Wasserverbrauch zu Hause exakt berechnen, reicht es nicht, zu summieren, was durch Kloschüssel und Küchenausguss rinnt. Nicht nur die Tomate, die wir essen, muss bewässert werden, auch die Baumwolle für das T-Shirt, das wir tragen. Überhaupt wird bei fast jedem Produktionsprozess Wasser eingesetzt.
Rechnet man dieses „virtuelle Wasser“ mit ein, schnellt der durchschnittliche Wasserbedarf in Deutschlands Haushalten von rund 130 Litern pro Einwohner und Tag auf 4000 Liter nach oben - Tendenz steigend. Mit dem Kunstbegriff „virtuelles Wasser“ beschreiben Fachleute die Menge Wasser, die in einem Produkt enthalten ist beziehungsweise zu seiner Fertigung verbraucht oder verschmutzt wurde.
Virtuelles Wasser Urheber des Begriffs ist der Brite John Anthony Allan, der ihn Mitte der 1990er-Jahre definierte. 2008 wurde er für seine Leistung mit dem Stockholmer Wasserpreis ausgezeichnet, der als eine Art Nobelpreis im Wasserschutzbereich gilt.
Doch was geht uns das an? Wasser löst schon heute inner- und zwischenstaatliche Konflikte aus. Als Wasserkonfliktregion Nummer 1 gilt der Nahe Osten, weil es die Region mit der höchsten Konzentration an Staaten ist, die schon heute unter akuter Wasserknappheit leiden. Versuche, Wasserknappheit mit Staudamm- und Bewässerungsprojekten zu lösen, führen oft zu weiteren Konflikten: Das Wasser, das an einer Stelle zurückgehalten wird, fehlt flussabwärts wiederum - auch über Staatsgrenzen hinweg. Das vernichtet die Existenz meist von Kleinbauern, die oft den einzigen Ausweg darin sehen, abzuwandern.
Allan schlägt vor, dass Gebiete, in denen Wassermangel herrscht, wasserintensive Produkte besser importieren sollten, anstatt diese selbst anzubauen. Beispiel Bananen: Bananen werden in Lateinamerika wesentlich wassereffizienter produziert als in Afrika. Auch wenn die EU nur 22 Prozent ihrer Bananen aus Afrika importiert, entspricht das 55 Prozent des virtuellen Wasserimports von Bananen, wie der österreichische Wasserexperte Roland Treitler berechnet hat. „Das heißt, dass die EU ein ineffizientes Produkt importiert.“ Ähnlich die Einschätzung der Forscher Arjen Hoekstra und Pham Q. Hung: „Nahrungsmittelimporte können knappe Wasserressourcen für produktivere Nutzungen, etwa in der Industrie, frei machen.“ Im Vergleich von konventioneller Landwirtschaft und Ökolandbau betont Dr. Johannes Kotschi von Agrecol e. V.: „Beim Wasserverbrauch ist eine generelle Überlegenheit des Ökolandbaus nicht auszumachen.“
Kotschi stellt jedoch heraus, dass die ökologische Landwirtschaft vorhandene Niederschlagsressourcen systematischer nutzt. Im Rahmen eines Dauerversuches seien zwei ökologische Fruchtfolgen mit einer konventionellen verglichen und die Auswirkungen auf den Ertrag von Mais und Soja gemessen worden. In vier von fünf Jahren mit saisonaler Trockenheit waren die ökologischen Varianten der konventionellen deutlich überlegen (bis zu 97 Prozent!). Landwirtschaftsexperte Kotschi erklärt diese Überlegenheit auf den Feldern des Ökolandbaus durch bessere Wasseraufnahme und ein besseres Wasserspeichervermögen des vor der Trockenheit gefallenen Niederschlags.
Kotschi: „Wir beobachten, dass ökologisch bewirtschaftete Flächen eine deutlich bessere Toleranz gegenüber Trockenheitsperioden aufweisen. Diese Erfahrung lässt sich in den Tropen immer wieder machen.“
Wasser sparen durch Essen Nach Ansicht des Forschers Daniel Renault geht es bei der Frage nach der optimalen Produktion auch um das Timing: Perioden von Wasserknappheit lassen sich seiner Ansicht nach entweder durch Wasserspeicher überbrücken - oder eben dadurch, dass Wasser gespart und in seiner virtuellen Form gelagert wird, beispielsweise in Form von Nahrungsmittelvorräten.
Das könnte heißen, Produkte intensiviert auf Vorrat zu produzieren, solange Wasser zur Verfügung steht, und die Produktion zu drosseln, wenn sie aufgrund von Wasserknappheit unrentabel wird. Allerdings verbergen sich hinter dem Konzept des virtuellen Wassers zahlreiche ungelöste Fragen. Um nur eine zu nennen: Wer sollte beispielsweise befugt sein, Ländern mit Wassermangel vorzuschlagen oder gar vorzuschreiben, welche Produkte sie anbauen beziehungsweise herstellen sollten?
John Anthony Allan selbst antwortet in der Basler Zeitung auf die Frage, ob sich etwa Syrien von Weizenimporten aus den USA abhängig machen würde, nur um dadurch Wasser zu sparen: „Ehe sich ein Konzept durchsetzt, dauert es meist 25 Jahre, und wir sind erst auf dem halben Weg.“
„Esst weniger Fleisch!“ Allan gibt sich überzeugt, dass die politische und wirtschaftliche Entwicklung seiner Idee auch bei jenen Politikern zur Durchsetzung der von ihm angepeilten Trendwende verhelfen wird, die heute noch skeptisch sind.
Darauf brauche der Einzelne nicht zu warten: „Esst weniger Fleisch“, war sein Rat an die Delegierten auf der Stockholmer Wasserwoche. Ein einfacher Schritt mit durchschlagender Wirkung: Menschen, die sich vegetarisch ernähren, benötigen statt 4000 Liter virtuellem Wasser nur 2800 Liter „verstecktes Wasser“ am Tag.
Andreas Grohmann, ehemaliger Leiter der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt, macht es noch deutlicher: Wer nur ein einziges Steak im Jahr weniger esse, spare dadurch mehr ein als durch Nutzung von gesammeltem Regenwasser im Haushalt.
Der Wasser-„Nobelpreis“ Der Stockholmer Wasserpreis gilt als „Nobelpreis“ für Aktivitäten im Bereich Wasserschutz. Die Entscheidung, wer den mit 150000 US-Dollar dotierten Preis bekommt, trifft die Schwedische Akademie der Wissenschaften. Schirmherr ist König Carl Gustaf, der ihn jedes Jahr im Rahmen der Weltwasserwoche verleiht.
So viel virtuelles Wasser steckt drin
Ei (Stück) 200 l Rohrzucker (1 kg) 1500 l Bier (1 l) 300 l Reis (1 kg) 3400 l Apfel (1 kg) 700 l Hühnerfleisch (1 kg) 3900 l Mais (1 kg) 900 l Kartoffelchips (1 kg) 4500 l Wein (1 l) 960 l Schweinefleisch (1 kg) 4800 l Milch (1 l) 1000 l Käse (1 kg) 5000 l Weizen (1 kg) 1300 l Rindfleisch (1 kg) 15500 l
Durstige Spanier Tomaten aus deutschen Gewächshäusern benötigen bis zur Reife 20 bis 30, südspanische Tomaten (Luftaufnahme: Tomaten unter Plastik in Almeria) über 40 Liter Wasser je Kilo. (Foto: Guido Schiefer)
Wasserverbrauch Berechnet
140 Liter für die Tasse Kaffee Für jeden Produktionsprozess wird Wasser benötigt - deren Menge sich berechnen lässt. Erstaunlich, was da alles in die Kalkulation mit eingeht. Tasse Kaffee (125 ml)
Die Tasse Kaffee belastet das globale Wasserkonto laut Waterfootprint Network mit 140 Litern. Der Löwenanteil des Wassers wird für den Anbau der Bohnen benötigt. Erst nach drei bis fünf Jahren tragen die Sträucher Früchte. Während der gesamten Aufwuchsphase benötigen die Kaffeepflanzen jedoch genügend Nass.
Auch das Verarbeiten der Bohnen schluckt weiteres Wasser oder verschmutzt es. So sind 21 000 Liter notwendig, um ein Kilo Kaffee herzustellen. Das Aroma für eine Tasse steckt in sieben Gramm Kaffeepulver - macht 140 Liter.
Rindfleisch (1 kg)
Das Kilo Fleisch vom Rind schlägt mit 15500 Litern Wasser zu Buche. Bis ein Tier in der Regel nach drei Jahren 200 Kilogramm knochenfreies Fleisch abwirft, braucht es Futter, im Schnitt 7,2 Tonnen Gras, Heu oder Silage und 1,3 Tonnen Körnerfutter, Futter, für dessen Anbau der Löwenanteil des Wasserbedarfs draufgeht.
Das Trinkwasser schlägt mit 24 Kubikmetern zu Buche, 7 Kubikmeter Wasser werden für die Pflege benötigt. Vieh, das in extensiver Weidewirtschaft gehalten wird, etwa in Nordamerika, und vom Land lebt, benötigt viel weniger Wasser.
Ein Auto
Den „Wasserfußabdruck“ eines Autos zu berechnen, ist besonders komplex. Die Bandbreite der Produkte ist groß, die Produktionsabläufe variieren je nach Firma und Land. Als Richtwert können aber 400000 Liter für ein Auto angesetzt werden, wobei der Konsum in den Autofabriken in den letzten Jahren bereits stark gesunken ist.
Um besser Vergleiche ziehen zu können, wird bei Industriegütern der Wasseraufwand im Verhältnis zu ihrem Wert gesetzt. Im Durchschnitt braucht es somit 80 Liter Wasser, um einen Wert von 1 US-Dollar zu erzeugen.
Wie viel brauchst Du? Jeder von uns hinterlässt „Wasserfußabdrücke“. Wird uns das bewusst, gehen wir sinnvoller mit der Ressource um, hoffen die Macher einer neuen Initiative.
Im Dezember 2008 wurde das Water Footprint Network ins Leben gerufen. Ziel der Initiative ist es, den Wandel hin zu einer nachhaltigen, fairen und effizienten Nutzung der weltweiten Wasserressourcen zu befördern. Dazu wurde das Konzept des „Wasserfußabdrucks“ entworfen, einem Indikator des direkten und indirekten Wasserverbrauchs von Konsumenten und Produzenten.
So lässt sich für jedes Alltagsgut der versteckte Wassergehalt berechnen. Mithilfe dieser Messgröße will die Nicht-Regierungsorganisation unter dänischem Recht das Bewusstsein bei Regierungen und Unternehmen für das kostbare Nass ebenso schärfen wie das der Gesellschaft insgesamt - und damit das Verständnis, wie Konsum und Herstellungsprozesse mit Wasserverbrauch zusammenhängen.
Angestrebt wird ein in ökologischer wie sozialer Hinsicht optimales Wassermanagement. Zu den Gründungspartnern gehören unter anderen der WWF sowie Ableger der Unesco und der Weltbank. Partner des Netzwerks sind aber auch Großkonzerne wie Coca Cola, Nestlé oder Unilever. Damit das Ganze nachvollziehbar wird, kann jeder Einzelne per Mausklick berechnen, wie groß sein individueller „Fußabdruck“ im Ländervergleich ausfällt.
Einbezogen werden dabei verschiedene Parameter: von der Art der Ernährung über Dusch- und Waschgewohnheiten bis zur Auto- und Gartenpflege. Die einzelnen Fragen, beispielsweise wie lange das Wasser im Schnitt beim Geschirrspülen läuft, sind so detailliert, dass manchmal ordentliches Grübeln gefragt ist. Das aber ist ganz im Sinn der Macher, schließlich sollen ja Konsumgewohnheiten überdacht werden.
Schon kleine Änderungen lassen die Wasserbilanz nach oben schnellen. Und noch eine Erkenntnis bringt die ganze Rechnerei: Ein und derselbe Lebensstil fällt in einem wasserreichen Land wie Deutschland ganz anders aus als beispielsweise im heißen Spanien.
ZitatGibt es ein ausdrucksvolleres Bild als den Strom, um die Einheit allen Lebens darzustellen?
"Der Strom hat seine Quelle sehr hoch oben auf dem Berg, dann fließt er herab zur Ebene. Wenn das Wasser aus der Quelle hervorsprudelt, ist es noch ganz rein und kristallklar, aber nach und nach während des Herabfließens durchquert es allerlei Regionen, und da die Bewohner dieser Regionen nicht so gewissenhaft sind, haben sie die Gewohnheit, all ihre Küchenabfälle und ihren Schmutz in den Strom zu werfen, ohne an die Bewohner der weiter unten liegenden Regionen zu denken, die gezwungen sind, dieses schon verschmutzte Wasser zu trinken. Diese machen übrigens dasselbe: Sie entledigen sich ihres ganzen Mülls in den Fluss, und wenn das Wasser die Ebene erreicht, kann man daran sterben, wenn man es trinkt. Was stellt dieser Strom dar? Er ist eines der tiefsten Symbole. Er ist der kosmische Strom, den die Offenbarung des hl. Johannes erwähnt, der Strom des Lebens, der alle Geschöpfe tränkt. Dieser Strom fließt bis zu uns herab, nachdem er alle Engelshierarchien durchquert hat: die Serafim, die Cherubim, die Throne, die Herrschaften, die Mächte, die Gewalten, die Fürstentümer, die Erzengel und die Engel, und jeder von ihnen fügt diesem Strom all seine Qualitäten und Tugenden hinzu. Der Strom durchquert endlich die Region der großen Seelen, der Propheten, der großen Meister, der Eingeweihten und derjenigen, die bei der Weisheit, der Reinheit, der Heiligkeit angekommen sind, und er ernährt sie, er tränkt sie, er belebt sie.
Aber wenn der Strom noch weiter unten in der Region der gewöhnlichen Menschen ankommt, so ereignet sich genau das, was ich euch soeben über den Fluss gesagt habe, der vom Berg herabfließt und in den man unaufhörlich Müll und Küchenabfälle wirft. Auf der mentalen, der astralen und der physischen Ebene werfen die Menschen, ohne es zu wissen, ihre Gedanken und Gefühle in diesen Strom, der das Leben ist. Deshalb sind sie gezwungen, die Abfälle voneinander zu essen wie die Kaulquappen in einem Sumpf. Sie können nicht anders, sie können nicht herauskommen, um reines Wasser zu trinken. Der Sumpf ist das Bild der Welt. Ja, die Welt ist wie ein Sumpf, in dem die Kaulquappen, die Frösche und die Kröten ihren Schmutz ausschütten, d. h. ihren Groll, ihre Bosheiten, ihren Zorn, und alle, die herum sind, saugen es auf und vergiften sich.
Wie das Wasser, so verfärbt, verschmutzt oder reinigt sich auch das Leben, je nach den Regionen, die es durchquert. Aber ob es rein oder schmutzig ist, das Leben ist immer das Leben; nur hat es Stufen, und je nach den Regionen, die es durchfließt und den Geschöpfen, die diese Regionen bewohnen, besitzt es entweder Reinheit und Qualität oder auch nicht. Es bekommt nicht jeder das gleiche Wasser von diesem Strom. Oftmals sagen mir gewisse Menschen: 'Meister, man kann nichts dafür, so ist das Leben.' Und ich antworte: 'Ja, so ist das Leben - aber welches Leben? Das Leben der Kröte, das Leben des Wildschweins, das Leben des Krokodils - oder das Leben eines Engels?' Dieses Leben, das von Gott kommt, hat also Stufen, und es fließt bis in die unterirdischen Regionen hinab, um die niedrigen Geschöpfe zu ernähren. Ja, es nährt sogar die Teufel und die Dämonen; von wem glaubt ihr hätten sie sonst ihr Leben bekommen? Es müsste ein anderer Gott ein anderes Leben erschaffen haben, d. h. es gäbe einen Gegner Gottes, der genauso mächtig oder sogar noch mächtiger wäre als er. Nein, es gibt nur einen einzigen Gott und dieser nährt sogar die Teufel. Nur bekommen die Teufel nicht die reinste Nahrung, sie müssen sich mit dem begnügen, was übrig bleibt, was schon dreckig, schmutzig und verdorben ist. Und das ist übrigens das Schicksal aller unterirdischer Geschöpfe; sie müssen sich damit begnügen, an irgendwelchen Küchenabfällen zu knabbern, die vom göttlichen Leben abfallen."
Berlin - Der Deutsche Bauernverband ist offen für eine Schlachtung von Milchkühen, um die Situation auf dem Milchmarkt zu entspannen.
Der Verband sei bereit, über einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission zu reden, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Helmut Born, am Dienstag in Berlin. _*Demnach sollen Milchbauern finanziell unterstützt werden, wenn sie in den Vorruhestand gehen oder ihren Betrieb umstellen wollen und deshalb ihre Milchkühe zum Schlachter bringen. Laut Born soll das Geld aus bislang nicht genutzten EU-Agrarmitteln kommen. Benötigt würden einmalig zwischen 400 und 600 Millionen Euro.*_
An diesem Mittwoch will die EU-Kommission eine Marktanalyse zum Milchmarkt vorlegen. Darin ist laut Born der Vorschlag enthalten, die Zahl der Milchkühe europaweit zu reduzieren. Der Bauernverband sei bislang gegen solche Maßnahmen gewesen, sagte Born. Er sprach von einer «Ausnahmesituation»: «Auch wir sind überrascht worden von der Heftigkeit der Finanz- und Wirtschaftskrise und deren Folgen in die Märkte hinein», erklärte er. Nach dem aktuellen Konjunkturbarometer des Verbandes bewerten die deutschen Bauern ihre gegenwärtige wirtschaftliche Lage deutlich schlechter als noch im Frühjahr dieses Jahres. Vor allem die Stimmung unter den Milchbauern ist wegen der niedrigen Milchpreise auf einem Tiefpunkt angekommen.
Born erklärte, Deutschlands Milchbauern produzierten in einem hohen Maße für den Export. Jedoch hätten vor allem die Staaten der früheren Sowjetunion und die Öl exportierenden Schwellenländer ihre Milchimporte drastisch eingeschränkt. Wenn kurzfristig die Zahl der Milchkühe sinke, könne Druck vom Milchmarkt genommen werden. Laut Born gibt es europaweit etwa 30 Millionen Milchkühe. _*Würden etwa eineinhalb Millionen Tiere geschlachtet und gleichzeitig Maßnahmen zur Belebung der Milchnachfrage ergriffen, müsse es «den Kick geben, um aus dem tiefen Tal wieder herauszukommen», sagte der Generalsekretär.*_
_*Laut Born könnten pro Kuh, die vom Markt verschwindet, rund 500 Euro gezahlt werden. Hinzu kommt der Betrag, den der Landwirt vom Schlachter bekommt. Er betrage gegenwärtig 800 bis 900 Euro pro Kuh.*_ Wenn sich die Situation auf dem Milchmarkt kurzfristig nicht ändere, käme es laut Born wahrscheinlich zu einem «echten Milchbauernsterben». Bereits heute gäben europaweit jährlich zwischen drei bis vier Prozent der Milcherzeuger auf. Dies reiche aber nicht aus, um die Situation zu entspannen. Im bundesweiten Durchschnitt bekommen die Milchbauern nach Verbandsangaben derzeit etwa 22 Cent pro Liter Milch.
Gegenwärtig macht auch der viele Regen den deutschen Bauern zu schaffen: «Eigentlich hätte die Wintergerste jetzt vom Acker sein müssen», sagte Born. Dasselbe gelte für die Rapsernte. Wegen der heftigen Regenschauer müssten die Bauern die Ernte jedoch immer wieder unterbrechen. Zudem müsse das geerntete Getreide teuer getrocknet werden, damit es gelagert werden könne. Dies drücke die Erlöse für die Landwirte. Dagegen sei die viele Feuchtigkeit gut für Mais, Zuckerrüben, Obst und Gemüse, sagte der Generalsekretär. (dpa) 22.07.2009
ZitatGanze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein, um den Tieren ihre Dienste und Verdienste an uns zu vergelten.
Christian Morgenstern
ZitatDas millionenfache, stumme Martyrium der dem Menschen wehrlos ausgelieferten Tiere ist die schlimmste Not auf Erden und die größte Sünde der Menschen. Lilo Keller
Nach dem fehlgeschlagenen Versuch, ein Tierversuchslabor in Tübingen anzusiedeln, hat sich der *Pharmakonzern Boehringer -- Ingelheim* den Standort Hannover -- Kirchrode in direkter Nachbarschaft zur Tierärztlichen Hochschule ausgesucht. Es soll ein *Tierimpfstoffversuchszentrum für 35 Millionen Euro* errichtet werden, indem eine unbegrenzte Anzahl an *Schweinen* und später auch an *Rindern* und *Pferden* in Räumen mit Fliesen auf dem Boden und an Wänden gehalten werden sollen, um sie mit Krankheiten zu infizieren und dann Impfstoffe an ihnen zu testen. Nach den Tests sollen die Tiere getötet und in Lauge aufgelöst werden. Der Konzern plante, die aufgelösten Tiere in die Kanalisation abzuleiten, aber dies ist nicht genehmigt worden. Die Lauge soll nun mit Transportern zur Tierverwertungsanlage gefahren werden.
*Es muß noch einmal ganz deutlich gemacht werden: Dadurch, daß die Anzahl der Stellplätze grundsätzlich unbegrenzt und die Zahl der Tiere nur durch Gewichtsobergrenzen limitiert ist, ist die Zahl der gehaltenen Tiere, je nach Gewicht und Rhythmus der Tötung, nicht vorhersehbar. Es ist anzunehmen, daß Boehringer auch für den Standort Hannover keine Versuchstierstatistiken veröffentlichen würde.*
Die Massentierhaltung soll ertragreicher gemacht werden, noch mehr Tiere auf engstem Raum ist das Ziel. Die Stadt Hannover unterstützt dieses Vorhaben, um Hannover zu einem Wissenschaftsstandort auszubauen. Sie argumentiert für die Ansiedlung des Tierversuchslabors, weil damit Arbeitsplätze enstehen würden. Anfangs wurden noch 200 Arbeitsplätze in Aussicht gestellt -- zum jetzigen Zeitpunkt sind es nur noch 15. Auch die Tierärztliche Hochschule Hannover spricht sich für die Ansiedlung des Pharmakonzerns aus, weil ihrer Meinung nach durch die Nähe nach eine weitgehende Zusammenarbeit entstehen würde.
In direkter Nachbarschaft befindet sich auch ein Heim für behinderte Menschen, die sogenannte "Lebenshilfe", welche sich mit Boehringer darauf einigte, zwischen Labor und Heim Grünstreifen anzupflanzen. Inzwischen ist von der Heimleitung angekündigt worden, die noch dort lebenden Behinderten durch Schwerstbehinderte auszutauschen.
Insgesamt haben über 5000 Bürger ihre Einwendungen gegen das Projekt eingelegt. Ratsvorsitzende der Stadt ignorierten die Einwendungen und bis auf die Partei "Die Linke" haben alle dem geplanten Bau zugestimmt. Boehringer Ingelheim hat eine Tochterfirma gegründet, was dazu führt, daß der Mutterkonzern bei Störfällen nicht direkt haftbar gemacht werden kann und die Tochterfirma nur begrenzt haftbar ist. Außerdem entgehen der Stadt Hannover so einige Steuereinnahmen.